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Alt 30.11.2022, 14:21   #1
Axel Saalbach
Genickbruch
 
Registriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 19.669
(Vielen Dank an Kasper für die englische Version dieses Artikels!)

Nachdem unsere Oldschool-Updates in der vergangenen Woche leider ausfallen mussten, sind wir nun zurück mit dem, was sich in den vergangenen vierzehn Tagen in unserer Oldschool-Sektion getan hat.

Ein Kleinod der Geschichte

Kingfish Levinsky, der mit bürgerlichem Namen Harris Krakow hieß, war niemals ein talentierter Boxer. Weder war er technisch besonders versiert, noch konnte er sonderlich fest zuschlagen. Was er jedoch konnte, war das Publikum durch sein Auftreten zu unterherhalten. Als Kämpfer in und um Chicago - seiner Heimatstadt - baute er sich eine große Schar Anhänger auf, die ihn jederzeit bejubelten, egal, ob er gewann oder verlor. Er brachte es in seiner Karriere auf 74 Siege und sieben Unentschieden in 118 professionellen Kämpfen. Obwohl er niemals ein Top-Ten-Kämpfer war, konnte er einige der bekanntesten Stars seiner Zeit bezwingen, unter andere, Jack Sharkey und Tommy Loughran. Es gelang ihm sogar, sich gegen Jack Dempsey in einem vierründigen Schaukampf durchzusetzen.

Auch was die Einnahmen anging, lief es gut für ihm. Während seiner Karriere brachte er ungefähr 300.000 Dollar Preisgeld mit nach Hause, was inflationsbereinigt mehr als sechs Millionen Dollar entspricht. Da er sich allerdings nicht sonderlich gut aufs Haushalten verstand, war er Ende des Jahres 1937 trotzdem komplett abgebrannt. Da seine Boxkarriere inzwischen am Ende war, wurde er davon überzeugt (oder er überzeugte sich selbst), es stattdessen mit dem professionellen Wrestling zu versuchen. Es war zu seiner Zeit nicht unüblich, dass Boxstars jenseits des Höhepunktes ihrer Karriere das Wrestling als Einkommensquelle für sich entdeckten. Sharkey, Dempsey und Max Baer waren solche Fälle. Oft stiegen sie jedoch nicht aktiv in den Ring, sondern fungierten als Ringrichter bei großen Kämpfen. Ein Jahrzehnt später wurden dann sogar einige der größten Boxstars überhaupt zu professionellen Wrestlern. Akteure wie Primo Carnera und - in einem geringeren Ausmaß - Tony Galento brachten es zu langen Wrestlingkarrieren.

Auf den "Kingfish" traf dies nicht so ganz zu. Obwohl er schon vor dem Ende seiner Boxkarriere an einigen Schaukämpfen beteiligt war, dauerte es bis zum 3. Januar 1938, ehe er in Rochester (Minnesota) seinen ersten "richtigen" Wrestlingkampf bestritt. Er besiegte den Undercarder John Bjorkdahl in rund sechs Minuten, ohne auch nur eine einzige richtige Wrestlingaktion durchzuführen. Obwohl seine Fähigkeiten, mit dem Publikum zu spielen, eigentlich einen geordneten Übergang ins Wrestlingbusiness hätten ermöglichen können, und obgleich er es auf anständige Sieg-Statistiken brachte, lief es für den "Kingfish" nicht sonderlich gut:

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Fowler beendet den Levinsky-Test nach 47 Sekunden
- Referee verkündet, der einstige Kämpfer könne nicht wrestlen
- aus dem "Courier-Journal" vom 19. Januar 1938


Kingfish Levinsky, der boxende Fischhändler aus Chicago, der sich gegen Männer wie Tommy Loughran, Jack Sharkey und Jack Dempsey durchgesetzt hatte, hat vor einigen Monaten entschieden, Wrestler zu werden. Er hat sich ein wenig Klebeband besorgt und bezeichnete sich selbst als "De Moider of de Mat" (Der Mörder auf der Matte). Bis gestern ist er achtmal in den Ring gestiegen, und dabei hat er acht glänzende Siege errungen. Nun war geplant, ihn bei einer Allen-Show im Columbia Gym in einem Alles-oder-nichts-Gefecht mit einem einstündigen Zeitlimit auf Alonzo Wood prallen zu lassen, einen 220-Pfünder aus Pittsburgh.

Nichts hat funktioniert.

Aber nichts hat geklappt. Wood stürmte heran und warf den Kingfish auf den Boden, der dort anschließend wie eine kleine Elritze herumzappelte. Augenscheinlich gelang es ihm nicht, irgendeine sinnvolle Aktion anzubringen, um sich aus der Situation zu befreien. Wood, der seinerseits ein geübter Wrestler ist, schien beinahe genauso verwirrt zu sein wie der Kingfish. Er hatte mit heftigem Widerstand gerechnet, nun bekam er überhaupt keinen. Das verblüffte ihn - hatte sich Levinsky nicht selbst als "Moider of de Mat" bezeichnet? Wood setzte nacheinander drei Holds an, löste sie dann aber jeweils selbst, da sich der Kingfish schlicht und einfach entschlossen hatte, liegenzubleiben und gar nichts zu machen - wie eine erstarrte Makrele.

Ein Blick genügt

Ringrichter Curley Fowler sah sich die Sache genau an, und ein Blick reichte ihm aus: Ohne Umschweife zog er Wood beiseite, schickte den winselnden Kingfish zum Duschen und reckte Woods rechte Hand zum Zeichen des Sieges nach oben. Harold Steinman, seines Zeichens Levinskys Manager, stürzte zur Szenerie hinzu und wollte wissen, was los war. Fowler sagte ihm, dass er den Kampf abbrechen musste, weil Levinsky ganz offensichtlich überhaupt nicht wrestlen konnte und keine Chance hatte, sich zu erteidigen. "Er wurde doch aber gar nicht gepinnt, oder?", brüllte Steinmann, was Fowler verneinte. Steinmann wollte daraufhin wissen, wie der Ringrichter dann wissen konnte, ob Levinsky wrestlen könne oder nicht.

Weitere Fragen

Etwas später stellte Steinmann immer noch diese (und weitere) Fragen. Nachdem Charley Schullman, der schon seit zwanzig Jahren als Zeitnehmer im Box- und Wrestlingsport in Louisville fungiert, darauf hinwies, dass Fowler den Kampf bereits nach 47 Sekunden abgebrochen hat, verkündeten Levinsky und Steinman, der Referee habe den Kingfish praktisch "ermordet". Der altgediente Promoter Heywood Allen gestand anschließend, dass er sich durch den Kampfabbruch in der schwierigsten Situation befände, in der er in seinen 34 Jahren als Wrestling-Impresario jemals geraten ist. Er werde versuchen, einen Ausweg zu finden, sofern die Zuschauer damit einverstanden wären. Passenderweise war gerade Dan O'Connor eingetroffen, ein fähiger Wrestler von der Küste. Allen vermutete, dass dieser in einer solchen Notsituation sicher einspringen würde. Dan sagte zu, und schon bald stand er als Woods Gegner im Ring. Das Ergebnis war einer der interessantesten Kämpfe dieses Winters.

“Ein Hauch von Betrug.”

Nachdem O'Connor mit Wood in den Ring gestiegen war, deutete Steinman an, dass die ganze Angelegenheit ein abgekartetes Spiel gewesen sein könnte. Offensichtlich sei es von Anfang an der Plan gewesen, den Kingfish aus dem Match zu werfen, um O’Connor an seine Stelle setzen zu können. "Levinsky arbeitet für kein Wrestlingkartell", sagte Steinman dazu. "Er ist ien armer Junge, der versucht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und diese Kerle haben ihm Brot und Butter weggenommen. O'Connor ist sicherlich in aller Eile vorbeigekommen, aber ist es nicht seltsam, dass er seine gesamten utensilien bei sich hatte? An der ganzen Sache ist etwas faul. Levinsky ist gut genug, um in Chicago, Detroit, Cleveland, Duluth, Rochester und anderen guten Städten zu wrestlen, aber hier wird er nach 47 Sekunden rausgeworfen, ohne dass man ihm die Chance gibt, zu zeigen, was er kann!?"

Als Ray Ryan (ein anderer Wrestler, der auf der gleichen Card stand) erfuhr, dass Steinman angedeutet hatte, Levinsky könne betrogen worden sein, kommentierte er: "Nun, falls das wirklich eine Intrige gewesen sein sollte, dann kann das Publikum heilfroh darüber sein. Denn O'Connor kann wrestlen, Levinsky nicht."

Levinsky wurde bezahlt

Allen erklärte in Bezug auf die Anschuldigungen und auf die Behauptung, O'Connor sei vorher informiert gewesen, dass er wrestlen müsste, dass dies alles zu lächerlich sei, um überhaupt darauf zu antworten. W.C. Merzwiler ergänzte im Namen der Box- und Wrestlingkommission des Bundesstaates Kentucky, dass nichts gegen den Kingfish unternommen werden würde, und auch nicht gegen Allen. Dieser habe zugesichert, dass Levinsky trotz des schnellen Kampfendes voll bezahlt werden würde. Und bei seinem nächsten geplanten Match in Kentucky (in Lexington) könne Levinsky wieder ganz normal in den Ring steigen.

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Levinsky gelang es bei jener Show in Lexington, Whitey Govro mit einem rechten Rundumschlag in drei Minuten zu bezwingen. Laut dem Showbericht soll Levinsky daraufhin vom Ring aus gerufen haben, dass er tags zuvor von einem Ringrichter aus Louisville betrogen wurde.

Erwähenswerte neue und aktualisierte Shows

Vancouver, Washington – 1935, 1936 und 1937
In den dreißiger Jahren war Vancouver in erster Linie der Austragungsort von B-Shows des Einzugsbereichs des Western Athletic Clubs. Der WAC veranstaltete Schwergewichts-Wrestling im Nordwesten der Vereinigten Staaten und im Westen von Kanada. Im ersten Halbjahr 1936 brachte jedoch Herb Owens Light Heavyweights aus der Promotion seines Bruders Don in Oregon in die Stadt. Weder die Owens noch der WAC waren dann 1937 sonderlich erfolgreich in Vancouver, woraufhin das Wrestlinggeschäft nach seiner jährlichen Sommerpause nicht mehr zurückkehrte.
Erwähnenswerte Stars: Ernie Piluso, Harry Kent, Chief Thunderbird, Danny McShain und Bob Kruse.

San Francisco, Kalifornien – 1950, 1951, 1952, 1953, 1959 und 1961
Einige komplette Jahrgänge wurden eingebaut. Bei vielen anderen Shows wurden die Austragungsorte und die Kampfzeiten hinzugefügt, obendrein haben wir noch ein paar fehlende Cards und Kämpfe ergänzt.
Erwähnenswerte Stars: Mike Sharpe, Ben Sharpe, Leo Nomellini, Ramón Torres und Magnificent Maurice

Erie, 1938
Eine der weniger bedeutsamen Stationen des riesigen Bowser-Netzwerkes. Viele der Wrestler, die in Städten wie Buffalo, Toronto und Montreal in den unteren Cardregionen verblieben, kamen in Erie zu Main-Event-Erfolgen.
Erwähnenswerte Stars: Danno O'Mahoney, Mayes McLain, Bob Wagner, Vic Christy und Felix Miquet.

1938er Michigan-Update für Flint, Kalamazoo und Jackson
Weitere Ergänzungen zu unserem umfangreichen Pool an Ergebnissen aus dem Jahre 1938. Die hier aufgeführten Veranstaltungen waren seinerzeit vor allem mit Wrestlern aus den Booking-Offices in Detroit, Columbus und Chicago bestückt.
Erwähnenswerte Stars: Great Balbo, Lord Patrick Lansdowne Finnegan, Mystery Man, Rufus Jones und Stacy Hall.

Kansas City, Missouri 1931
Was an Quantität fehlte, wurde durch Qualität wettgemacht. Viele bekannte Stars machten Abstecher in die Convention Hall auf der Ostseite der Grenze von Kansas und Missouri, um bei Shows in den Ring zu steigen, die von dem altgedienten Promoter Gabe Kaufman präsentiert wurden.
Erwähnenswerte Stars: Everett Marshall, Joe Savoldi, Ed Lewis, Ed Don George und Darna Ostapovich.

Seattle 1932
Der frisch gegründete Greater Athletic Club veranstaltete im Wochentakt Shows, die eine Konkurrenz zum etablierten Coast Athletic Club sein sollten.
Erwähnenswerte Stars: Casey Kazanjian, Charles Santen, Cyclone Mackey, Joe Parelli und Jack Reynolds.

North Attleboro 1973
Ein weiterer Stapel an wöchentlichen WWWF-Shows aus der "Witschi’s Sports Arena" in Süd-Massachusetts ist hinzugekommen.
Erwähnenswerte Stars: Stan Stasiak, Chief Jay Strongbow, Pedro Morales, Freddie Blassie und Gorilla Monsoon.

Tulsa, Oklahoma in den Jahren 1930, 1931 und 1932
Ergänzt wurde der noch übriggebliebene Stapel an Shows, die in den dreißiger Jahren in Tulsa veranstaltet wurden. In der Anfangsphase des Jahrzehnts setzte Promoter Sam Avey immer noch Wrestler aus anderen Booking-Offices ein. Eines davon war das bekannte (und viel kritisierte) Unternehmen von Tom Packs, dessen Einflussbereich von Chicago im Norden über Atlanta im Osten, New Orleans im Süden und bis nach Wichita im mittleren Westen reichte.
Erwähnenswerte Stars: Jim Londos, Paul Jones, Charley Strack, Hugh Nichols und LeRoy McGuirk.

Erwähnenswerte Biografien-Updates

Da zahlreiche Online-Fotos aus der Sammlung von Jack Pfefer auf der Notre-Dame-Webseite veröffentlicht wurden, konnten wir viele neue Alter Egos herausfinden. Dadurch wurden vor allem die folgenden Profile erheblich erweitert:
Lou Britton - Matches, die er zwischen 1938 und 1939 als "Jack Bernard" absolvierte, wurden in seinem Profil ergänzt.
Jack Kogut - "Steve Kayak" wurde als neues Alter Ego hinzugefügt.
Wir haben herausgefunden, dass Sammy Ford und Rocky Ford ein- und dieselbe Person waren.
Wir haben herausgefunden, dass Roger McCune als "Gorgeous George Wrangel" angetreten ist.
Der schwer fassbare Bernard Pantazi war auch als "Count Luigi" sowie unter verschiedenen Kurzzeit-Gimmicks unterwegs.
Der durch die Coughdrop Brothers bekannte Al Smith begann seine Karriere unter den Namen Al Marcus und Al Norcus.
Bei vier Wrestlern wurden in den vergangenen beiden Wochen bemerkenswerte Grenzen überschritten. Von José Lothario haben wir nun mehr als 4.000 Matches in unserem System, von Danno McDonald mehr als 2.000. Henry Piers und John Cretoria sind indessen in den Millennium-Klub eingetreten.

Erwähnenswerte Titelhistorien-Updates

Wir haben die Titelhistorien der San-Francisco-Versionen des Pacific Coast Junior Heavyweight Title (San-Francisco-Version), der Pacific Coast Tag Team Titles (San-Francisco-Version) und der NWA World Tag Team Titles (San-Francisco-Version) überarbeitet.
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"Der GB-Mitarbeiter Axel Saalbach wurde vor einer Woche im Radio gefragt, warum er die Menschen nicht mag. Er lacht immer noch."

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Geändert von Axel Saalbach (30.11.2022 um 14:29 Uhr).
Axel Saalbach ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.12.2022, 09:25   #2
Kain
Genickbruch
 
Registriert seit: 29.03.2001
Beiträge: 17.816
Diese Rubrik finde ich übrigens arg cool.
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We pledge allegiance to the leader of the mighty Cult of Cornette and to the Pro-Wrestling for which he stands.
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Kain ist offline   Mit Zitat antworten
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