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Alt 11.02.2018, 11:18   #1
Daniel Prophet
Genickbruch
 
Registriert seit: 06.02.2003
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Ich bin fassungslos, wie sich der Syrien-Krieg wieder immer weiter hochschaukelt. Was 2011 als innerstaatlicher Bürgerkrieg begann, ist mittlerweile zum schlimmsten Stellvertreterkrieg seit dem Kalten Krieg eskaliert und dann führen noch andere Länder auf syrischem Staatsgebiet ihre Kriege.

Wenn das so weiter geht, dann wird das nicht nur zu einer neuen Flüchtlingswelle aus der Region führen, sondern droht komplett zu eskalieren. Oder sehe das nur ich so? Gefühlt haben wir hier ein Pulverfass, das jederzeit explodieren könnte.

Eigentlich gibt es überhaupt keine klaren Konfliktlinien. Im Kampf gegen den IS stehen die USA und Russland angeblich auf einer Seite, im eigentlichen Bürgerkrieg zwischen Assad und den Rebellen stehen die beiden Vetomächte auf gegenüberliegenden Seiten. Die Türkei als Regionalmacht steht zwar eigentlich auf der Seite der USA im Kampf gegen den IS, aber auch nur so lange wie es nicht heißt, dass man damit die Kurden unterstützt. Die werden seit einigen Wochen sogar aktiv attackiert - wohlgemerkt auf dem Staatsgebiet eines souveränen Staates, was normalerweise gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung wäre. Dann fechten auch noch Israel und der Iran (+ die Hisbolla) auf syrischem Staatsgebiet einen (Stellvertreter)krieg aus. Effektiv ist Syrien als souveräner Staat nicht mehr existent, sondern lediglich Schlachtfeld für äußere Mächte. Das ist ein bisschen so als würde ich Risiko spielen.

Ich kann mich tatsächlich nicht daran erinnern, dass wir nach Ende des Kalten Krieges mal so eine Situation gehabt hätten.

Geändert von Daniel Prophet (11.02.2018 um 11:22 Uhr).
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Alt 11.02.2018, 11:38   #2
Moneytalks
Disqualifiziert
 
Registriert seit: 16.05.2007
Beiträge: 11.340
Dieser ganze Krieg und sämtliche Konfliktparteien machen mir schon seit Ewigkeiten Angst. Da bist du definitiv nicht alleine. Jeder versucht da sein eigenes Süppchen zu kochen, was der Grund zu sein scheint, warum dieser Konflikt nicht schon längst beendet ist. Aber ehrlich gesagt verstehe ich viel zu wenig, was da vor sich geht und wer welche Interessen hat, obwohl das Ding schon siet Jahren kocht.

In diesen Krieg gipfeln anscheinend fast sämliche momentan relevanten Konflikte, die Deutschland und Europa und nicht nur uns auch nur ansatzweise tangieren können und sollten.
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Alt 11.02.2018, 11:44   #3
Der Landknecht
Genickbruch
 
Registriert seit: 20.12.2005
Beiträge: 36.518
Ich habe schon vor Langem aufgehört zu verstehen, was da eigentlich vor sich geht. So viele Parteien, die mal gegeneinander, mal miteinander kämpfen. Wer da eigentlich für und gegen was ist, entzieht sich mir mittlerweile völlig meiner Kenntnis. Pseudohumoristisch gesagt, ist das wie ein Royal Rumble, nur als Krieg.
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What he didn't was, know was or was know was that I was dyslexic.

Geändert von Der Landknecht (11.02.2018 um 11:48 Uhr).
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Alt 11.02.2018, 12:03   #4
Der Zerquetscher
Moderator
 
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Beiträge: 10.907
Eigentlich ist Syrien ja nur sozusagen die lokale Verdichtung der Gesamtheit der Probleme des Nahen Ostens. Widerstreitende Religionen (wie so oft die Ursache aller Probleme), eine Bevölkerung, die weit weniger aufgeklärt ist als die in Europa (aller politischen Extreme zum Trotz) und ein Teil der Welt, der geostrategisch hochinteressant ist, machen die Lage so kompliziert. Eine Vielzahl von Gründen. Eine Vielzahl von Interessenten.

Und doch gibt es Hoffnung, finde ich. Wenn auch nicht viel. 1000 Kilometer weiter östlich nämlich sind da gerade Tausende mutiger Frauen, die demonstrativ ihre Kopftücher abnehmen und sich so mit der sittenhoheitlichen Staatsmacht anlegen. Einer Staatsmacht, die wiederum nach Ausbau ihrer weltanschaulichen Ziele in der gesamten Region strebt. Nur ein Beispiel für das, was ebenfalls dort im Orient existiert. Und ich kann nur hoffen, dass dieser sich unter gebildeten Menschen Bahn brechende Wunsch nach geistiger und körperlicher Freiheit Sand im Getriebe des Systems der politisch Verantwortlichen aus dem intellektuellen Mittalter ist oder sein wird.

Dass natürlich ein Donald Trump oder ein Wladimir Putin überhaupt nichts dafür tut, die Lage vor Ort zu deeskalieren, war wiederum zu erwarten. Darauf darf man gar nicht erst hoffen.
__________________
"Nachtbesucher" - erschienen im Audioparadies-Verlag, gelesen von Hajo Mans: Hörprobe
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Alt 11.02.2018, 12:30   #5
Daniel Prophet
Genickbruch
 
Registriert seit: 06.02.2003
Beiträge: 45.175
Zitat:
Zitat von Der Zerquetscher Beitrag anzeigen
Widerstreitende Religionen (wie so oft die Ursache aller Probleme), eine Bevölkerung, die weit weniger aufgeklärt ist als die in Europa (aller politischen Extreme zum Trotz) und ein Teil der Welt
Wobei die Religion zu Beginn des Bürgerkriegs tatsächlich ja eine eher untergeordnete Rolle spielte. Da ging es ja viel mehr um soziale Ungerechtigkeit, angefeuert durch Vetternwirtschaft und diktatorische Zustände.

Zitat:
Zitat von Der Zerquetscher Beitrag anzeigen
Und doch gibt es Hoffnung, finde ich. Wenn auch nicht viel. 1000 Kilometer weiter östlich nämlich sind da gerade Tausende mutiger Frauen, die demonstrativ ihre Kopftücher abnehmen und sich so mit der sittenhoheitlichen Staatsmacht anlegen.
Wobei das in Syrien durchaus schwierig einzuschätzen ist. Von der Logik he rwürde ich sagen, dass die gemäßigten Vertreter in der Bevölkerung eher dazu bereit sind zu fliehen, sodass die Menschen, die zurückbleiben, eher religiöser sind. Wenn dem so ist, dann wäre eine Veränderung in Syrien von Innen heraus sehr schwer.

Vor allem haben wir hier ja nicht nur den "üblichen" Konflikt zwischen Shiiten und Suniten. Im Gesamtkonflikt spielen ja auch noch Kurden und Juden eine Rolle. Und allein die Tatsache, dass ein ehemals aufgeklärter/säkulärer Staat wie die Türkei total umkippt, macht mir da wenig Hoffnung, dass da mittelfristig eine positive Entwicklung möglich ist. Erst recht so lange da Puppenspieler von Außen aktiv sind.
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Alt 11.02.2018, 12:43   #6
Der Zerquetscher
Moderator
 
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Beiträge: 10.907
Zitat:
Zitat von Daniel Prophet Beitrag anzeigen
Wobei die Religion zu Beginn des Bürgerkriegs tatsächlich ja eine eher untergeordnete Rolle spielte. Da ging es ja viel mehr um soziale Ungerechtigkeit, angefeuert durch Vetternwirtschaft und diktatorische Zustände.
Das stimmt. So war es ja auch in Irak unter Hussein. Die harte Hand der Machthaber, die jede Abweichung im Keim blutig erstickt, hat die natürlich dennoch unter dem Deckel brodelnden Konflikte von außen unsichtbar gemacht.

Zitat:
Zitat von Daniel Prophet Beitrag anzeigen
Vor allem haben wir hier ja nicht nur den "üblichen" Konflikt zwischen Shiiten und Suniten. Im Gesamtkonflikt spielen ja auch noch Kurden und Juden eine Rolle. Und allein die Tatsache, dass ein ehemals aufgeklärter/säkulärer Staat wie die Türkei total umkippt, macht mir da wenig Hoffnung, dass da mittelfristig eine positive Entwicklung möglich ist. Erst recht so lange da Puppenspieler von Außen aktiv sind.
Das ist allerdings auch wieder wahr. Was in der Türkei passiert, ist ein Alptraum. Den hätte ich so nicht für möglich gehalten. Erdogan ist Vertreter jener, die ich meinte, wenn ich vom Mittelalter spreche. Was der Mann an Errungenschaften der Geschichte des Landes über Bord wirft, ist gar nicht zu begreifen. Es heißt aber eben, dass er in völlig anderem Takt tickt als Europa. Wie war das nochmal mit der Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union? Rückblickend bizarr, der Gedanke.
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Geändert von Der Zerquetscher (11.02.2018 um 12:45 Uhr).
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Alt 11.02.2018, 16:47   #7
El Clon
Schädelbasisbruch
 
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Die Situation in Syrien ist weitaus einfacher, als wir es uns machen wollen: Assad ist überlegen. Seine Truppen halten, nach einem Konflikt, der inzwischen länger dauert als der zweite Weltkrieg in Europa, immer noch fast 60 Prozent des Landes und die Rebellen haben mehr als das doppelte an Mannstärke verloren. Selbst mit türkischer Unterstützung hat die syrische Armee eine bessere Situation.

Uns - und mit "uns" meine ich die Narren, die sich unsere Anführer schimpfen, und diejenigen, die blind die Dämonisierung Russlands und deren Verbündeter in den Medien schlucken - gefällt nur die Realität nicht. Bashar al-Assad ist durch diesen Konflikt als Anführer Syriens legitimiert worden. Die Rebellion ist gescheitert. Jede Unterstützung der Rebellen durch die Amerikaner dient nur noch dem verzweifelten Versuch, einen Puppenstaat zu errichten.

Um dem dramatischen Flüchtlingsstrom ein Ende zu bereiten und Frieden nach Syrien zu bringen, müssen die EU-Staaten endlich die Realität anerkennen und mit Putin daran arbeiten, eine Koalition aus Kurden und Regierungstruppen zu erstellen. Wenn sich Europa entschieden gegen die Großmachtaspirationen von Erdogan und Trump stellt, könnte die Situation in Syrien bis Ende 2018 komplett bereinigt sein. Kombinierte syrische und syrisch-kurdische Truppen mit russischer und europäischer Unterstützung aus der Luft könnte diesen Krieg schnell beenden und die Rebellen zur Kapitulation zwingen und den Islamischen Staat in Syrien endgültig vernichten.
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Geändert von El Clon (11.02.2018 um 16:48 Uhr).
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Alt 11.02.2018, 18:01   #8
CM Landratomaniac
Genickbruch
 
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Trumps Soldaten töten Zivilisten, Putins Soldaten töten Zivilisten, Erdogans Soldaten töten Zivilisten, Assads Soldaten töten Zivilisten.
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Alt 14.02.2018, 16:35   #9
Frank Drebin
Schädelbasisbruch
 
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Zitat:
Zitat von El Clon Beitrag anzeigen
Die Situation in Syrien ist weitaus einfacher, als wir es uns machen wollen: Assad ist überlegen. Seine Truppen halten, nach einem Konflikt, der inzwischen länger dauert als der zweite Weltkrieg in Europa, immer noch fast 60 Prozent des Landes und die Rebellen haben mehr als das doppelte an Mannstärke verloren. Selbst mit türkischer Unterstützung hat die syrische Armee eine bessere Situation.
Assad ist doch aber nur "überlegen", weil er mit Putin (und Iran) einen starken Mann an seiner hat, der zu seinen Gunsten in diesen Konflikt eingegriffen hat. Ohne Russland, so meine These, gebe es Assad schon lange nicht mehr.

Zitat:
Zitat von El Clon Beitrag anzeigen
Uns - und mit "uns" meine ich die Narren, die sich unsere Anführer schimpfen, und diejenigen, die blind die Dämonisierung Russlands und deren Verbündeter in den Medien schlucken - gefällt nur die Realität nicht. Bashar al-Assad ist durch diesen Konflikt als Anführer Syriens legitimiert worden. Die Rebellion ist gescheitert. Jede Unterstützung der Rebellen durch die Amerikaner dient nur noch dem verzweifelten Versuch, einen Puppenstaat zu errichten.
Ich halte undifferenziertes Russlandbashing auch für vollkommen kontraproduktiv. Ich kann jedoch nicht erkennen wo "unsere" Medien blindlings Russland dämonisieren. Putins autokratischer Führungsstil ist m.M.n. zurecht kritikwürdig und "unsere" Medien und einige Politiker_innen sehen dort zurecht hin und prangern Missstände an: Umgang mit der Opposition im eigenen Land, Umgang mit Minderheiten (z.B. Homosexuellen) im eigenen Land, Annexion der Krim und Einfluss im Osten der Ukraine, usw.
Assad hat sich in diesem Konflikt nur für eine Sache legitimiert. Für eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Der Mensch ist ein Kriegsverbrecher, der sein eigenes Volk aushungern und mit Gas angegriffen hat. Und den Puppenstaat erhält sich auch Russland, den Putin geht es doch nicht wirklich um die syrische Bevölkerung oder das sein treuer Freund Assad hat der Spitze des Staates bleibt, sondern um seinen einzigen Zugang zum Mittelmeer.

Zitat:
Zitat von El Clon Beitrag anzeigen
Um dem dramatischen Flüchtlingsstrom ein Ende zu bereiten und Frieden nach Syrien zu bringen, müssen die EU-Staaten endlich die Realität anerkennen und mit Putin daran arbeiten, eine Koalition aus Kurden und Regierungstruppen zu erstellen. Wenn sich Europa entschieden gegen die Großmachtaspirationen von Erdogan und Trump stellt, könnte die Situation in Syrien bis Ende 2018 komplett bereinigt sein. Kombinierte syrische und syrisch-kurdische Truppen mit russischer und europäischer Unterstützung aus der Luft könnte diesen Krieg schnell beenden und die Rebellen zur Kapitulation zwingen und den Islamischen Staat in Syrien endgültig vernichten.
Bei Erdogan bin ich vollkommen bei dir. Auch er hat sich durch seinen Angriffskrieg gegen die YPG in Afrin und das Androhen eines Einmarsches in Manbidsch für Den Haag qualifiziert. Das die Situation jedoch bis ende 2018 bereinigt sein soll sehe ich ehrlich gesagt überhaupt nicht. Erst recht nicht mit immer mehr aufkommenden Konflikt zwischen Israel und Iran bzw. der Hisbollah. Auch das kurdische Volk wird sich mit kleinen Abspeisungen nicht mehr zufrieden geben. Das Ziel ist ein eigener Staat und auf diesen sollte es perspektivisch hinaus laufen. Ich persönlich war der Meinung gewesen, dass man alle Konfliktparteien an einen Tisch bringen müsste. Ich weiß nicht ob das heute noch so einfach möglich ist. Da ist zu viel kaputt gegangen und es wird mehr als eine Generation brauchen, um halbwegs Stabilität in das Land zurück zu bringen.
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Alt 16.02.2018, 11:43   #10
Landnani
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Zitat:
Zitat von Moneytalks Beitrag anzeigen
Dieser ganze Krieg und sämtliche Konfliktparteien machen mir schon seit Ewigkeiten Angst. Da bist du definitiv nicht alleine. Jeder versucht da sein eigenes Süppchen zu kochen, was der Grund zu sein scheint, warum dieser Konflikt nicht schon längst beendet ist. Aber ehrlich gesagt verstehe ich viel zu wenig, was da vor sich geht und wer welche Interessen hat, obwohl das Ding schon siet Jahren kocht.

In diesen Krieg gipfeln anscheinend fast sämliche momentan relevanten Konflikte, die Deutschland und Europa und nicht nur uns auch nur ansatzweise tangieren können und sollten.
Trotzdem ist Europa eines der Opfer der Kriegsfolgen, und erlebt destabilisierende Effekte durch die Syrien-Flüchtlinge, die die aktuellen wirtschaftlichen Probleme in einem bedenklichen Maße verstärken, und langsam außer Kontrolle geraten.

Die USA und Russland führen hier einen Stellvertreterkrieg, wobei die Destabilisierung Europas inzwischen von BEIDEN Seiten nicht nur in Kauf genommen wird, sondern gewünscht ist. Gleichzeitig versucht Erdogan darüber seinen Einfluss und seine Bedeutung zu vergrößern.

Eine Konfliktlösung sehe ich derzeit überhaupt nicht, da Russland, USA und Türkei - salopp gesagt - die Menschen sterben sehen wollen. Die Chance, dass wenigstens die USA einen Kompromiss anstrebt, hat sich mit Trump als Präsident verabschiedet. Der denkt nämlich nicht langfristig strategisch im Sinne eines starken Westens, sondern sieht Europa als wirtschaftlichen Konkurrenten und Feind.

Meines Erachtens sollte sich Europa geschlossen gegen beide Seiten stellen. Allerdings ist Europa dafür nicht geschlossen genug. Da kann man auch nicht auf die europäische "Führung" schimpfen, das Problem liegt aktuell in den einzelnen Staaten.

Übrigens bin ich, unabhängig von Assad, ebenfalls der Meinung, dass Putin aktuell der bessere Gesprächspartner ist. Der Mann ist ein skrupelloser Mörder, aber er ist ein Staatsmann. Trump ist ein Demagoge, der sein psychopathisches Naturell nicht im Griff hat, sondern es ihn.
Der Rest sind nur ambitionierte, machtgierige Anwärter, die ihre eigene nationale Führungsstellung absichern wollen und letztlich vor den größeren Alliierten buckeln.
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Schmerz ist unvermeidbar. Leiden ist optional.

Get busy healing. Or get busy crying.

Geändert von Landnani (16.02.2018 um 11:45 Uhr).
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Alt 16.02.2018, 12:21   #11
DocKeule
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Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Trotzdem ist Europa eines der Opfer der Kriegsfolgen, und erlebt destabilisierende Effekte durch die Syrien-Flüchtlinge, die die aktuellen wirtschaftlichen Probleme in einem bedenklichen Maße verstärken, und langsam außer Kontrolle geraten.
Wo denn? Wo bitte ist denn unsere Wirtschaft kurz vor dem Kollaps und vor allem, was hätten Flüchtlinge damit zu tun?
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Alt 16.02.2018, 12:42   #12
Landnani
Höllen-Rentner
 
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Beiträge: 18.364
Zitat:
Zitat von DocKeule Beitrag anzeigen
Wo denn? Wo bitte ist denn unsere Wirtschaft kurz vor dem Kollaps und vor allem, was hätten Flüchtlinge damit zu tun?
Unsere Wirtschaft ist nicht davor zusammenzubrechen. Aber der individuelle Wohlstand, Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten stecken gerade in vielen Ländern in der Krise. Und die Flüchtlinge als zusätzliche gesellschaftliche Belastung und Unsicherheitsfaktor für die Menschen sind die Tropfen in dem bereits vollen Fass, die den Menschen ein politisches Ventil zum Ausrasten geben.
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Alt 16.02.2018, 13:30   #13
Moneytalks
Disqualifiziert
 
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Beiträge: 11.340
Zitat:
Zitat von Nani
Meines Erachtens sollte sich Europa geschlossen gegen beide Seiten stellen. Allerdings ist Europa dafür nicht geschlossen genug. Da kann man auch nicht auf die europäische "Führung" schimpfen, das Problem liegt aktuell in den einzelnen Staaten.
Ich werde den Eindruck nicht los, unsere fehlende Geschlossenheit ist eine der Folgen u.a. davon, sich auf Deutschlands Führungsanspruch in der Europäischen Union zu lange einen runtergeholt zu haben und den schwächeren Ländern ein "friss oder stirb-Gefühl" gegeben zu haben. Von wegen "in Europa wird Deutsch gesprochen", wenn auch diese Phrase das ganze stark verkürzt und wahrscheinlich nur einen Teil des problems darstellt. Zumindest ist das der Teil, den Deutschland selber am meisten beeinflussen kann.
Da frage ich mich dann, woher die Geschlossenheit kommen soll, die man jetzt braucht. Die Möglichkeit, Russland und die USA gleichsam ins Boot zu holen, hatte man jedenfalls, soweit ich weiß vor gefühlt 10 Jahren. Und von Jahr zu Jahr habe ich mehr das Gefühl, dass wir zumindest aussenpolitisch Schröder/Fischer eine gute Arbeit anerkennen sollten, a la "mit denen wär das nicht passiert". Aber wer weiß.
Kurz: Für mehr Geschlossenheit müsste man die Zeit um 10-20 Jahre zurückdrehen. Woher soll sie jetzt kommen?

Putin hingegen wirkt sowieso stabiler als Trump. Bezogen auf Auftreten und Souveränität der Staatsmänner kommts mir eher so vor, als sei Trump Präsident einer Regionalmacht und Putin der Chef der USA.

Alles furchtbar interessant eigendlich, würde da nicht so viel, was mir wirklich Angst macht, auf dem Spiel stehen.

Geändert von Moneytalks (16.02.2018 um 14:00 Uhr).
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Alt 16.02.2018, 15:27   #14
Frank Drebin
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Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Unsere Wirtschaft ist nicht davor zusammenzubrechen. Aber der individuelle Wohlstand, Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten stecken gerade in vielen Ländern in der Krise. Und die Flüchtlinge als zusätzliche gesellschaftliche Belastung und Unsicherheitsfaktor für die Menschen sind die Tropfen in dem bereits vollen Fass, die den Menschen ein politisches Ventil zum Ausrasten geben.
Aber der individuelle Wohlstand wird über Jahre und Jahrzehnte höher sein, als in Ländern die weit mehr Geflüchtete aufgenommen haben als Deutschland bzw. die EU. Der Libanon hatte (laut dem Artikel) 2015 1,2 Millionen registrierte Geflüchtete im Land (30%). Oben drauf kommen noch die als Geflüchtete registrierten Palästinenser. Natürlich ist der Libanon nicht mit einer starken Wirtschaftsmacht wie Deutschland vergleichbar aber wieso bekommt es so ein Land einigermaßen gebacken, so vielen Menschen Schutz zu bieten und wir hier in Deutschland und in der EU machen einen Aufriss aufgrund mehrerer hunderttausend Geflüchteter? Die deutsche Wirtschaft ist auf einem stabil hohen Niveau und benötigt eigentlich Arbeitskräfte, Frankreich schafft scheinbar den turnaround, auf die gesamte EU bezogen gibt es eine positive Entwicklung.
Also eine wirkliche Krise sehe ich bei "uns" ehrlich gesagt nicht, eher das Gegenteil, und ich verstehe daher nicht warum Menschen, denen es wirklich verdammt gut geht, ein "politisches Ventil zum Ausrasten" benötigen. Es ist m.M.n. eine undifferenzierte Angst vor dem Fremden und der Neid das der "Kanacke", der hier her kommt, vielleicht irgendwann auch so ein Auto fahren könnte wie ich. Und natürlich gibt es Politiker_innen (gerade im östlichen Europa), die diese diffuse Angst ausnutzen und nicht wirklich aufklären.

Was m.E.n. über lange Zeit versäumt wurde, ist die fehlende Zusammenarbeit und Solidarität in der Europäischen Union, über wirtschaftliche Maßnahmen hinaus. Nicht einmal untereinander hat man es geschafft, kriselnde Länder (Italien, Griechenland) in der Flüchtlingsfrage zu unterstützen, sondern sich selbst überlassen. Das fällt einem jetzt auf die Füße.
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Geändert von Frank Drebin (16.02.2018 um 15:28 Uhr).
Frank Drebin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2018, 17:11   #15
Landnani
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Zitat:
Zitat von Moneytalks Beitrag anzeigen
Ich werde den Eindruck nicht los, unsere fehlende Geschlossenheit ist eine der Folgen u.a. davon, sich auf Deutschlands Führungsanspruch in der Europäischen Union zu lange einen runtergeholt zu haben und den schwächeren Ländern ein "friss oder stirb-Gefühl" gegeben zu haben. Von wegen "in Europa wird Deutsch gesprochen", wenn auch diese Phrase das ganze stark verkürzt und wahrscheinlich nur einen Teil des problems darstellt. Zumindest ist das der Teil, den Deutschland selber am meisten beeinflussen kann.
Da frage ich mich dann, woher die Geschlossenheit kommen soll, die man jetzt braucht. Die Möglichkeit, Russland und die USA gleichsam ins Boot zu holen, hatte man jedenfalls, soweit ich weiß vor gefühlt 10 Jahren. Und von Jahr zu Jahr habe ich mehr das Gefühl, dass wir zumindest aussenpolitisch Schröder/Fischer eine gute Arbeit anerkennen sollten, a la "mit denen wär das nicht passiert". Aber wer weiß.
Kurz: Für mehr Geschlossenheit müsste man die Zeit um 10-20 Jahre zurückdrehen. Woher soll sie jetzt kommen?

Putin hingegen wirkt sowieso stabiler als Trump. Bezogen auf Auftreten und Souveränität der Staatsmänner kommts mir eher so vor, als sei Trump Präsident einer Regionalmacht und Putin der Chef der USA.

Alles furchtbar interessant eigendlich, würde da nicht so viel, was mir wirklich Angst macht, auf dem Spiel stehen.
Ja, da gebe ich Dir recht. Der innereuropäische Konkurrenzkampf war in den letzten Jahren zu stark, um in der aktuellen Situation ein funktionierendes Kollektiv zu ermöglichen. In Zeiten von Wohlstandswachstum nehmen das auch die Verlierer hin, in der Hoffnung irgendwann doch noch zu profitieren. Ohne diesen Optimismus schlägt die Stimmung aber um.

Inwieweit die aktuellen Probleme vor 10-20 Jahren verhinderbar waren, ist eine echt gute Frage. Meines Erachtens sind die aktuellen inner-europäischen Konflikte systemimmanent. Wir haben ideologische eine Wachstums- und Eigennutz-orientierte Gesellschaft, bei der folglich das Fressen vor der Moral kommt. Deutschland hat das genauso praktiziert wie praktisch alle anderen Staaten auch. Und zwar nicht einmal unverhältnismäßig rücksichtslos, würde ich meinen.
Die Folgen dieser Gier spalten jetzt aber die Staaten, denn Solidarität ist halt eben doch wichtig. =)

Eigentlich kann das alles nur dann funktionieren, wenn ökonomischer Wohlstand nicht mehr die oberste Prämisse unserer Gesellschaft ist. Aber daran wird politisch nicht gearbeitet, weil das - so fair muss man ggü unseren Politikern schon sein - vom Volke nicht verlangt wird. ;-)


Zitat:
Zitat von Frank Drebin Beitrag anzeigen
Aber der individuelle Wohlstand wird über Jahre und Jahrzehnte höher sein, als in Ländern die weit mehr Geflüchtete aufgenommen haben als Deutschland bzw. die EU. Der Libanon hatte (laut dem Artikel) 2015 1,2 Millionen registrierte Geflüchtete im Land (30%). Oben drauf kommen noch die als Geflüchtete registrierten Palästinenser. Natürlich ist der Libanon nicht mit einer starken Wirtschaftsmacht wie Deutschland vergleichbar aber wieso bekommt es so ein Land einigermaßen gebacken, so vielen Menschen Schutz zu bieten und wir hier in Deutschland und in der EU machen einen Aufriss aufgrund mehrerer hunderttausend Geflüchteter? Die deutsche Wirtschaft ist auf einem stabil hohen Niveau und benötigt eigentlich Arbeitskräfte, Frankreich schafft scheinbar den turnaround, auf die gesamte EU bezogen gibt es eine positive Entwicklung.
Also eine wirkliche Krise sehe ich bei "uns" ehrlich gesagt nicht, eher das Gegenteil, und ich verstehe daher nicht warum Menschen, denen es wirklich verdammt gut geht, ein "politisches Ventil zum Ausrasten" benötigen. Es ist m.M.n. eine undifferenzierte Angst vor dem Fremden und der Neid das der "Kanacke", der hier her kommt, vielleicht irgendwann auch so ein Auto fahren könnte wie ich. Und natürlich gibt es Politiker_innen (gerade im östlichen Europa), die diese diffuse Angst ausnutzen und nicht wirklich aufklären.

Was m.E.n. über lange Zeit versäumt wurde, ist die fehlende Zusammenarbeit und Solidarität in der Europäischen Union, über wirtschaftliche Maßnahmen hinaus. Nicht einmal untereinander hat man es geschafft, kriselnde Länder (Italien, Griechenland) in der Flüchtlingsfrage zu unterstützen, sondern sich selbst überlassen. Das fällt einem jetzt auf die Füße.
Mir brauchst Du das nicht erklären. Ich bin emotional nicht destabilisiert. ;-)

Allerdings finde ich es auch falsch die aktuellen Zukunftsängste der Menschen zu ignorieren. Auch wenn es "noch schlimmer" geht und sie teilweise irrational sind. Das ist zu leicht, und führt nur dazu, dass die verängstigten Menschen noch weiter isoliert werden.

Hinzu kommt, dass es hier nicht nur um Deutschland geht, sondern um das europäische Kollektiv. In anderen europäischen Ländern sieht das deutlich schlechter aus. Aber darauf hast Du Dich ja auch selbst bezogen. ;-)
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Geändert von Landnani (16.02.2018 um 17:13 Uhr).
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Alt 16.02.2018, 20:18   #16
Moneytalks
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Zitat:
Zitat von Nani
Eigentlich kann das alles nur dann funktionieren, wenn ökonomischer Wohlstand nicht mehr die oberste Prämisse unserer Gesellschaft ist. Aber daran wird politisch nicht gearbeitet, weil das - so fair muss man ggü unseren Politikern schon sein - vom Volke nicht verlangt wird. ;-)
Das tritt beides ins Schwarze. Besonders der erste Satz gefällt mir.
Allerdings fehlt auch ein Angebot, um dies Schmackhaft zu machen. Wenn sowohl die Linke, als auch mittlerweile die CDU (im Falle der CDU hab ichs heute auf Pheonix gehört, neben den ganzen strategischen Gestänker von Bosbach) Ludwig Erhards Namen in den Mund nehmen (und die CDU da nicht viel glaubwürdiger rüberkommt, als eine Frau Wagenknecht), sollte dies eben auch mit nem konkreten Angebot verbunden sein. Sonst wissen die Bürger doch auch gar nicht, worüber sie da überhaupt nachdenken sollen, wenn keine Perspektive bzw kein Narrativ am Horizont steht.
Ich würds jetzt einfach mal "Europäischer New Deal" nennen.
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Alt 17.02.2018, 11:48   #17
DocKeule
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Zitat:
Zitat von Moneytalks Beitrag anzeigen
Ich werde den Eindruck nicht los, unsere fehlende Geschlossenheit ist eine der Folgen u.a. davon, sich auf Deutschlands Führungsanspruch in der Europäischen Union zu lange einen runtergeholt zu haben und den schwächeren Ländern ein "friss oder stirb-Gefühl" gegeben zu haben. Von wegen "in Europa wird Deutsch gesprochen", wenn auch diese Phrase das ganze stark verkürzt und wahrscheinlich nur einen Teil des problems darstellt. Zumindest ist das der Teil, den Deutschland selber am meisten beeinflussen kann.
Da frage ich mich dann, woher die Geschlossenheit kommen soll, die man jetzt braucht. Die Möglichkeit, Russland und die USA gleichsam ins Boot zu holen, hatte man jedenfalls, soweit ich weiß vor gefühlt 10 Jahren. Und von Jahr zu Jahr habe ich mehr das Gefühl, dass wir zumindest aussenpolitisch Schröder/Fischer eine gute Arbeit anerkennen sollten, a la "mit denen wär das nicht passiert". Aber wer weiß.
Kurz: Für mehr Geschlossenheit müsste man die Zeit um 10-20 Jahre zurückdrehen. Woher soll sie jetzt kommen?
Das sehe ich über weite Strecken ähnlich, wobei gerade die Länder in Osteuropa auch schon während der Kriege nach 9/11 gerne aus der Reihe getanzt sind. Klar setzen da die neuen nationalistischen Regierungen noch einen drauf, aber europäische Solidarität war da eigentlich immer nur interessant, wenn es um Zugang zu den Fördertöpfen ging.

Aber grundsätzlich trägt der Niedergang der EU ganz wesentlich eine deutsche Handschriften, wie die von Merkel, Schäuble und Westerwelle. Da wurde vor rund zehn Jahren vieles mit dem Arsch eingerissen, was über Jahrzehnte mühevoll mit den Händen aufgebaut wurde und oft einfach nur, um innenpolitisch ein paar Punkte bei einer anstehenden Wahl zu retten deutlich gezeigt, dass Solidarität und gemeinsame Werte nur in Schönwetterreden existieren.

Und ich denke auch, dass die Dynamik mittlerweile gekippt ist und nur extrem schwer wieder zu drehen sein wird, wenn überhaupt. Europa wird kaum noch als gemeinsames Projekt gesehen und wer heute von einer Erneuerung träumt übersieht, dass kaum noch jemand mit Leidenschaft dabei ist. Der Bruch zu er Zeit um die Jahrtausendwende, in der das Zusammenwachsen sich tatsächlich nach dem Weg in einem gemeinsame Zukunft anfühlte, ist ziemlich krass.


Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Allerdings finde ich es auch falsch die aktuellen Zukunftsängste der Menschen zu ignorieren. Auch wenn es "noch schlimmer" geht und sie teilweise irrational sind. Das ist zu leicht, und führt nur dazu, dass die verängstigten Menschen noch weiter isoliert werden.
Man muss aber eben auch klar sagen, wenn Ängste unbegründet sind und vor allem, wenn sie sich gegen das vollkommen falsche Ziel richten. Und vor allem sollte man die Geschichte von der angeblichen "Angst" nicht einfach ohne sie zu hinterfragen schlucken, weil diese "Angst" und diese "Sorgen" über weite Strecken schlicht eine Ausrede sind, endlich gegen Minderheiten mal wieder die Sau raus zu lassen.
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Alt 20.02.2018, 20:30   #18
umimatsu
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Zitat:
Zitat von Frank Drebin Beitrag anzeigen
Ich halte undifferenziertes Russlandbashing auch für vollkommen kontraproduktiv. Ich kann jedoch nicht erkennen wo "unsere" Medien blindlings Russland dämonisieren.
Ich sehe das anders. Mal ein Beispiel. Nach dem Abschuss von Flug MH17 veröffentlichte DER SPIEGEL ein Titelblatt auf dem die Opfer mit Namen und Bild aufgeführt werden, während in der Mittel ein großes "Stopp Putin jetzt! prangt. Dieser Titel suggeriert, Putin sei für den Abschuss verantwortlich, was trotz der Ermittlungsergebnisse, die auf eine Beteiligung Russland hindeuten, reine Spekulation ist. Der deutsche Presserat missbilligte das Titelbild mit der Begründung, die Opfer würden für eine politische Aussage instrumentalisiert.

Oder mein Lieblingsthema: Aufrüstung. Vor ein paar Tagen war auf ZEIT Online zu lesen, Russen und Chinesen würden massiv aufrüsten. Der Artikel ( eigentlich eine Agenturmeldung der dpa ) bezieht sich auf eine Studie des IISS, einem transatlantischen Think Tank. Das Problem hierbei: Die Rüstungsausgaben werden in absoluten Zahlen wiedergegeben werden und nicht ins Verhältnis zum Bruttosozialprodukt gesetzt. Tut man dies, wie beispielsweise das Friedensforschungsinstitut SIPRI, sieht es ganz anders aus. Dann nehmen sich Russen, Chinesen und Amerikaner nichts. Alle drei Nationen investieren gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung gleich viel in ihr Militär. "Trauriger" Spitzenreiter, bezogen auf die Daten, die ich im Netz finden konnte, ist übrigens Saudi Arabien mit 10%. Nazideutschland lag bei 17%.
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Punko ist so niedlich, dass ich mir sicher bin, sein Gesicht wurde von einem Kinderserienanimateur gezeichnet. - Kliqer

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Alt 20.02.2018, 22:55   #19
CM Landratomaniac
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Edit: Ach egal, hat sich erledigt.

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Alt 21.02.2018, 04:35   #20
Frank Drebin
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Zitat:
Zitat von umimatsu Beitrag anzeigen
Ich sehe das anders. Mal ein Beispiel. Nach dem Abschuss von Flug MH17 veröffentlichte DER SPIEGEL ein Titelblatt auf dem die Opfer mit Namen und Bild aufgeführt werden, während in der Mittel ein großes "Stopp Putin jetzt! prangt. Dieser Titel suggeriert, Putin sei für den Abschuss verantwortlich, was trotz der Ermittlungsergebnisse, die auf eine Beteiligung Russland hindeuten, reine Spekulation ist. Der deutsche Presserat missbilligte das Titelbild mit der Begründung, die Opfer würden für eine politische Aussage instrumentalisiert.

[...]
Den Artikel und das dazugehörige Cover kannte ich nicht, aber es liest sich in jedem Fall nicht wirklich Russlandfreundlich, da stimme ich dir absolut zu. und ja, Putin wird in der deutschen Medienlandschaft (oftmals auch zurecht) sehr kritisch gesehen und ich finde das auch vollkommen legitim, unrechtmäßige Zustände auch in Russland zu betrachten und darüber zu berichten. Es ist mir jedoch noch nicht aufgefallen, dass quasi nur solche Geschichten, wie die von dir oben beschriebene, in der deutschen Medienlandschaft herum geistern. BILD und andere Schmierblätter nehme ich da mal raus. Aber vielleicht nehme ich die Berichte auch gar nicht so wahr. Kann ja auch sein.

In jedem Fall spitzt sich die Lage in Syrien zur Zeit extrem zu. Die Kurden in Afrin bekommen, unter Vermittlung durch Russland, wohl Unterstützung durch die syrische Armee, welche bereits gestern in dem Gebiet eingetroffen ist und von der Türkei beschossen wurde. Edogan wolle Afrin "[nicht] niederbrennen und zerstören", sondern sicherstellen, dass es zu einem "sicheren und lebenswerten" Ort werde. Dass Afrin eine der wenigen Städte ist, die in dem Krieg nicht zerstört wurde, dass es dort eine relativ gut funktionierende Infrastruktur gibt und viele Binnenflüchtlinge aufgenommen und versorgt wurden, ist ihm vermutlich nicht bekannt. Es geht ihm einzig und allein um die Auslöschung der Kurden im Grenzgebiet und es ist unfassbar, dass dieses Regime weiterhin einen Angriffskrieg führen kann, ohne durch die UNO sanktioniert zu werden. Nicht einmal von der NATO-Führungsebene oder anderen NATO-Partnern gibt es einen Kommentar. Die Gefahr eines tatsächlichen Krieges zwischen Syrien und der Türkei ist wahrscheinlich nie so groß gewesen wie in den letzten Tagen und scheinbar interessiert es keinen. Es ist einfach nur noch traurig aber so sieht man vielleicht auch welches Einfluss solche Institutionen wirklich haben.
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Alt 21.02.2018, 14:15   #21
DocKeule
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Zitat:
Zitat von Frank Drebin Beitrag anzeigen
Den Artikel und das dazugehörige Cover kannte ich nicht, aber es liest sich in jedem Fall nicht wirklich Russlandfreundlich, da stimme ich dir absolut zu. und ja, Putin wird in der deutschen Medienlandschaft (oftmals auch zurecht) sehr kritisch gesehen und ich finde das auch vollkommen legitim, unrechtmäßige Zustände auch in Russland zu betrachten und darüber zu berichten. Es ist mir jedoch noch nicht aufgefallen, dass quasi nur solche Geschichten, wie die von dir oben beschriebene, in der deutschen Medienlandschaft herum geistern. BILD und andere Schmierblätter nehme ich da mal raus. Aber vielleicht nehme ich die Berichte auch gar nicht so wahr. Kann ja auch sein.
Die ganze Ukraine-/Krim-Berichterstattung war seinerzeit nicht unbedingt ein Ruhmesblatt der deutschen Medien. Das wurden ja auch hier im Forum diskutiert (irgendwo ab Seite 3/4 kommt die Berichterstattung immer mehr in den Fokus). Begriffe wie "Putinversteher" wurden da ja ganz normal in den Medien genutzt.

Sicher ist es richtig und wichtig, Autokraten die Putin zu kritisieren. Aber gleichzeitig sollte man weder die eigenen (westlichen) Anteile an der Situation ignorieren, noch jeden Gegner unseres aktuellen Lieblingsfeindes (ungeprüft) zum Helden der Demokratie machen.
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Alt 21.02.2018, 14:25   #22
Frank Drebin
Schädelbasisbruch
 
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Zitat:
Zitat von DocKeule Beitrag anzeigen
[...]
Sicher ist es richtig und wichtig, Autokraten die Putin zu kritisieren. Aber gleichzeitig sollte man weder die eigenen (westlichen) Anteile an der Situation ignorieren, noch jeden Gegner unseres aktuellen Lieblingsfeindes (ungeprüft) zum Helden der Demokratie machen.
Da gebe ich dir absolut recht. Das gehört für mich aber auch zu einer differenzieren Berichterstattung dazu.
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Alt 21.02.2018, 21:45   #23
Bilo
Schädelbasisbruch
 
Registriert seit: 12.02.2009
Beiträge: 3.980
Da weiß man gar nicht wo man Anfangen und Enden soll... dieses Thema ist aber im Grundsatz klar erklärt. Von Rüstungsindustrie bis hin zu Auslands-politischen Fragen, das ist ein weites Wirrwarr. Da mischt auch wieder jeder mit, der seine Interessen pflegen mag. Die Leidtragenden sind wiedermal die unschuldigen Menschen. Sehr viele Menschenrechtsverletzungen die durch die Politik mal wieder verschwiegen werden, oder aber eben nur mahnend zu Kenntnis genommen werden. Auch Deutschland spielt da eine große Rolle.
Gerade durch dieses Gewirre hat man es mal wieder geschafft das so viele Menschen gar nicht durchblicken, es scheint allerdings das auch hierzulande sich mittlerweile hinterfragen was dort eigentlich passiert. Was immer hin schon mal bemerkenswert ist.
Die Sorgen sind auf jeden Fall sehr berechtigt. Vor allem wie es auch mit der innerlichen Politik zu diesem Thema steht, gerade mit Hinblick auf die Türkei. Eine Yücel Freilassung ist da schon fast die Spitze des Berges, die hier auch unter den Tisch gekehrt wird. Ich glaube nicht das dort alles ohne einen Deal abgelaufen ist.
Jedenfalls wird da noch einiges auf uns zu kommen, wohin die Richtung geht ist schwierig zu sagen.
An einen großen Knall glaube ich noch nicht, jedenfalls wenn wir den hier nicht schon verpasst haben, man sollte die ganzen Imperialistischen Staaten weiterhin kritisch beobachten. Und hier in diesem Thread ist schon mal eine Menge gutes geschrieben worden.
Daher weiter kritisch bleiben und seine eigene Meinung bilden.
__________________
Of the glory round the Fields of Anfield Road
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Alt 22.02.2018, 17:36   #24
PappHogan
Schädelbasisbruch
 
Registriert seit: 20.06.2008
Beiträge: 2.164
Zitat:
Zitat von Punkomaniac Beitrag anzeigen
Trumps Soldaten töten Zivilisten, Putins Soldaten töten Zivilisten, Erdogans Soldaten töten Zivilisten, Assads Soldaten töten Zivilisten.
Die Rebellen/Islamisten töten Zivilisten.
Da gab es eine Erstaunlich differenzierte Reportage neulich, die die Tatsache herausstellte, dass auch die sogenannten Rebellen Wohngebiete mit Mörsern beschießen.

Ich habe mich schon 2012 immer gefragt, wenn kurze Videos aus Syrien aus den Kampfgebieten in den Nachrichten erschienen.
Um die Zeit fing das ja an....
Man sah verletzte Menschen, häufig Kinder, alle liefen durcheinander, eventuell eine Explosoin in der Nähe und dann rief Irgendjemand oder auch mehrere Leute:
Allahu Akbar!!
Da müsst ihr mal darauf achten, Gott ist groß!
Was soll das??
Das habe ich nie verstanden.

Ich sage es ganz offen: Ich glaube dort niemanden mehr, weder den sog. Rebellen, Assad schon gar nicht und auch nicht der Medienberichterstattung.
__________________
Freiheit ist das einzige, was zählt.

Put the wokes to sleep.
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Alt 23.02.2018, 11:56   #25
Der_Wrestling_Fan
ECW
 
Registriert seit: 30.04.2007
Beiträge: 8.534
Zitat:
Zitat von PappHogan Beitrag anzeigen
[...]
Ich habe mich schon 2012 immer gefragt, wenn kurze Videos aus Syrien aus den Kampfgebieten in den Nachrichten erschienen.
Um die Zeit fing das ja an....
Man sah verletzte Menschen, häufig Kinder, alle liefen durcheinander, eventuell eine Explosoin in der Nähe und dann rief Irgendjemand oder auch mehrere Leute:
Allahu Akbar!!
Da müsst ihr mal darauf achten, Gott ist groß!
Was soll das??
Das habe ich nie verstanden.

[...]
"Allahu Akbar" ist in der Arabischen Region ein gängiger Ausspruch, vergleichbar bei uns mit "Großer Gott!" "Oh mein Gott!" oder "Jesus Christus!". Generell sind die arabischen Sprachen sehr stark von Religion geprägt, so dass es in der Sprache viele Beziehungen zu Gott gibt oder Ausdrücke auf Religion zurück gehen *). Der Ausdruck ist übrigens nicht Islam-exklusiv und wird z. B. auch von arabischen Christen verwendet.

Edit: *) "Allahu Akbar" bzw. das sog. Takbir soll zu Beginn eines Gebetes gesprochen werden. In weiteren Sinn: Passiert etwas aufregendes bzw. schlimmes, rufen die Menschen also quasi die Aufforderung zum Gebet also "Jetzt ist Zeit um Beten, um das heil zu überstehen!"

Geändert von Der_Wrestling_Fan (23.02.2018 um 12:17 Uhr).
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