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Alt 08.03.2023, 13:38   #1801
Riddler
ECW
 
Registriert seit: 27.06.2005
Beiträge: 5.898
Zitat:
Zitat von Frank Drebin Beitrag anzeigen
Robert Habeck soll dafür sorgen, dass sich Deutschland von russischen Energielieferungen unabhängig macht, das auf mehrere Staaten (und ja, da sind auch in meinen Augen verbrecherische dabei) verteilt und nicht Chemielehrer spielen.
Ich gehe ja selbst mit Politiker_innen hart ins Gericht, aber was einzelne Personen, gerade durch die sozialen Medien, an Hass ausgesetzt sind, ist der Wahnsinn. Da machst du dich mit dem teilen solcher Videos einfach auch mitschuldig.
Vollste Zustimmung
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Alt 08.03.2023, 13:44   #1802
Nani
Höllen-Rentner
 
Registriert seit: 01.12.2003
Beiträge: 16.314
Es ist leider symptomatisch für unser gesellschaftliches Versagen.

Frage: "Ist unsere Welt verrückt? Die Schere zwischen Arm und Reich ist komplett außer Kontrolle. Luxusjobs werden überbezahlt, während systemwichtige Arbeit keinen Respekt mehr erhält. Verbrecher, Betrüger und Hetzer werden nicht bestraft, weil ihr Verhalten unter dem Schutz des kapitalistischen Egodenkens steht. Der Konsumirrsinn ist auf dem Weg, Welt und Menschheit für immer zu verkrüppeln. Die ökologische Krise wird bald zu Millarden Flüchtlingen weltweit führen, aber die größten Angstverbreiter fahren lieber den Mercedes mit voller Wucht gegen die Wand. Humanistische Grundrechte werden auf bizarre Weise rhetorisch verdreht. In jeder Diskussion werden nur Extremisten gehört und gefeiert. Die USA beginnen allmählich den Preis für ihren Verbrechen zu bezahlen und gehen daran kaputt. Der sogar noch bösere russische Faschismus rechtfertigt eigenen Massenmord mit früheren Untaten der anderen, wenn gerade keine andere Lüge parat liegt. China, Arabien und alle anderen Großmächte sind genauso menschenfeindlich. Der Informationskrieg läuft lange genug, dass das nicht einmal mehr stört. Und man hat trotzdem kein Recht, sich als etwas besseres zu fühlen. Trotzdem gibt es Narren, die genau das tun, und gleichzeitig andere als "Gutmenschen" pseudo-diffamieren. Wir werden gefüttert von einer Medienlandschaft, die vor allem emotionalisiert und trivialisiert, weil sich das eben am besten monetarisiert. Die logischen Folgen sind ein Übermaß an PolitikerInnen ohne moralisches Rückgrat (wie soll man auch als netter Mensch lange durchhalten, wenn die Wähler lügende Soziopathen bevorzugen?), erfolgreiche Verschwörungsquatscher und eine Unzufriedenheitskrise, wo nicht einmal die vielen objektiven Segen gewertschätzt werden, mit denen wir beschenkt sind. Leute, die uns nur schaden und die Welt nur noch schlechter machen wollen, nutzen das für ihre Propaganda und bieten als Lösung eine 1984-Diktatur, in der die Unzufriedenheit eliminiert wird, indem man sie einfach leugnet. Oh was für eine tolle Alternative für Deutschland! Aber irgendwas müssen wir doch anders machen, bei so viel Toxizität auf allen Ebenen, in den Sozialen Medien und im Umgang miteinander. Aber, halt, lasst uns lieber den Kampf gegen Toxizität bekämpfen! Gegen die böse Wokeness. Ich finde irgendwo sicher einen Whataboutism oder einen Woke-Extremisten, der alle Gutmenschen lächerlich macht. Dabei wäre mehr geistige Gesundheit gerade jetzt so wichtig, wo wir durch miese Lebensmittel, schlechte Lebensweisen, Reizüberflutung, Corona, Krieg und psychischen Terror nur noch auf Felgen fahren. Einfacher ist jedoch der eigenen Sucht nachzugeben: Selbstbetäubung per TV/Laptop, Alkohol, Sex, oberflächliche Romantik, Meckern und Shitstorms. Immerhin hat dies Tradition und Tradition ist wichtig. Wichtiger als Gesundheit, Glück oder sogar unser Überleben. Traurige verrückte Welt. Und alle machen mit. Das Establishment, die Schwurbler, die Rechtsextremen, die Linksextremen, die Ideologen, die opportunistischen Pragmatiker. Was gedenkst Du also zu tun?"

Antwort: "Hahaha! Ein Grüner hat in nem Interview ein Komma an die falsche Stelle gesetzt!"
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Alt 08.03.2023, 14:01   #1803
Gelöschter User 25181
Disqualifiziert
 
Registriert seit: 28.12.2022
Beiträge: 162
Zitat:
Zitat von Frank Drebin Beitrag anzeigen
Ich gehe ja selbst mit Politiker_innen hart ins Gericht, aber was einzelne Personen, gerade durch die sozialen Medien, an Hass ausgesetzt sind, ist der Wahnsinn. Da machst du dich mit dem teilen solcher Videos einfach auch mitschuldig.
Die Kommentare über Wagenknecht lassen wir aber passieren.
Bei aller Korruption, Waffenlobbyismus, und wirklichem Rechtsextremismus, die es in der Politik gibt, wird gerade diese Frau als problematisch dargestellt. Das hat wieder was von der Neutralität einer politisch verschworenen Gruppe.
Was versteht Ihr unter eigentlich unter Sozialismus? Meint Ihr Lenin würde heute Demos befürworten, bei denen Kerle mit Rosen im Arsch herumlaufen?

Ich glaube bei Habeck nicht, dass er von vielen gehasst wird. Bei Baerbock glaube ich es noch weniger. Die Leute geben sich wirklich Mühe, als fähige Politiker wahrgenommen zu werden, das muss man ihnen zugestehen.

Geändert von Gelöschter User 25181 (08.03.2023 um 15:15 Uhr).
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Alt 08.03.2023, 14:52   #1804
Frank Drebin
Schädelbasisbruch
 
Registriert seit: 02.03.2006
Beiträge: 2.148
Zitat:
Zitat von Mitochonder Beitrag anzeigen
Die Kommentare über Wagenknecht lassen wir aber passieren.
Bei aller Korruption, Waffenlobbyismus, und wirklichem Rechtsextremismus, die es in der Politik gibt, wird gerade diese Frau als problematisch dargestellt. Das hat wieder was von der Neutralität einer politisch verschworenen Gruppe.
Was versteht Ihr unter eigentlich unter Sozialismus? Meint Ihr Lenin würde heute Demos befürworten, bei denen Kerle mit Rosen im Arsch herumlaufen?
"In Privatwirtschaft arbeitet so einer nicht mal bei MC Donalds �� meine Fresse du", "Verbaler Sondermüll", "Ist der auf Entzug? Irgendwas fehlt dem", "Herrliches Gestammel. Wie will so jemand einem Richter den Beweis erbringen, dass er kein Vollidiot ist?". Das sind nur vier Kommentare unter diesem einen Video und ich habe nicht einmal weit die Kommentarspalte aufgemacht. Bei Annalena Baerbock sieht es eigentlich noch düsterer aus. Dazu kommt noch eine gehörige Portion Misogynie. Bei einem Volker Beck Homophobie. Bei Ricarda Lang Fatshaming/Lookismus. Was grüne Politker_innen (nicht nur) in den sozialen Medien aushalten müssen, ist beschämend für die heutige Diskussionskultur im Internet und darüber hinaus. Bei einer Sahra Wagenknecht war das höchste der Gefühle "Putinpuppe" oder ähnliches. Auch Schwachsinn, ansonsten jedoch breiteste Zustimmung oder konstruktive Kritik an ihrer nicht mehr nachvollziehbaren Haltung im Sinne Russlands.

Und Sahra Wagenknecht ist nicht DAS Problem, sondern ein Problem von vielen. Sie ist u. a. auch dafür verantwortlich, dass die von dir erwähnten Rechtsextremist_innen, zu regelrechten Fans von ihr werden und sich eine mehr als toxische Melange bildet, die die Corona-Schwurbler_innen wie Chorknaben_mädchen aussehen lassen. Wobei? Sind zum Großteil eh die selben Leute.
Und was der Sozialismus damit zu tun hat verstehe ich auch nicht. Wagenknecht hat mit ihrer nach Autorität rufenden politischen Agenda, mit der wirklichen Idee vom Sozialismus seit langem gebrochen. Lenin und Stalin stehen ihr daher in diesem Sinne sehr viel besser zu Gesicht..

Zitat:
Zitat von Mitochonder Beitrag anzeigen
Ich glaube bei Habeck nicht, dass er von vielen gehasst wird. Bei Baerbock glaube ich es noch weniger. Die Leute geben sich wirklich Mühe, als fähige Politiker wahrgenommen zu werden, das muss man ihnen zugestehen.
Ob du es nun wahr haben möchtest oder nicht. Baerbock sowie Habeck haben in dieser Krise, die es seit Jahrzehnten nicht gegeben hat, ziemlich gut gehandelt. Und das in einem Dreierbündnis. Sich energiepolitisch in so kurzer Zeit neu aufzustellen, hat Respekt verdient. Baerbocks klare (An-)Sprache und auch die Neuausrichtigung des Amtes hin zur Feministischen Außenpolitik finde ich gut und erfrischend. Und tatsächlich kann man das auch mal so formulieren ohne mit den politischen Überzeugungen der Partei einher zu gehen. Dein Satz impliziert das sie so gar keine Ahnung haben aber den Schein immerhin nach außen vertreten. Das ist leider ohne Substanz.
__________________

#freelina

Geändert von Frank Drebin (08.03.2023 um 14:54 Uhr).
Frank Drebin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.03.2023, 16:32   #1805
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
Registriert seit: 15.02.2011
Beiträge: 32.003
Die Situation der Stadt Bachmut nach mehr als sieben Monaten russischer Angriffe, davon die letzten Monate mit Menschenwellen. Also es geht immer noch um die Stadt, die hier in der ukrainischen Oblast/Region Donezk liegt, gegen die Russland seit August anrennt.

https://twitter.com/wartranslated/st...12458662764556
Zitat:
Auch wenn wir uns inzwischen an die fast täglichen Videos von russischen mobilisierten Soldaten gewöhnt haben, ist dieses anders. Der Kommandeur dieses Zuges wendet sich nicht an Putin, sondern erklärt direkt, dass er sich weigert, Befehle zu befolgen. Diese Männer wurden für "Fleischangriffe" in die "Donezker Volksrepublik" verlegt und verloren einen Großteil ihres Personals aufgrund eines "völligen Mangels an Ausbildung und Aufklärungsarbeit".
Edit:

https://twitter.com/oryxspioenkop/st...51930955362308
Zitat:
Russland hat nun visuell bestätigt mehr als 1.000 T-72 verloren:

294x T-72B3
244x T-72B
206x T-72B3 Obr. 2016
82x T-72 Obr. 1989
38x T-72A
27x T-72BA
9x T-72AV
3x T-72B3 Obr. 2014
1x T-72B Obr. 2022
97x Unbekannte T-72
Das ist der Standard-Kampfpanzer der russischen Streitkräfte.

Geändert von CM Punkomaniac (08.03.2023 um 17:23 Uhr).
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Alt 09.03.2023, 16:56   #1806
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
Registriert seit: 15.02.2011
Beiträge: 32.003
Ein relativ ungeschminkter Blick, was auch auf ukrainischer Seite los ist.

Ukrainische Armee im Kriegseinsatz - Rekruten zwischen Angst und Pflichtgefühl
Zitat:
Russland greift die Ukraine weiter massiv an. Um dagegenhalten zu können, braucht die Ukraine dringend gut ausgebildete Soldaten an der Front. Deswegen wird im Land intensiv rekrutiert. Aber nicht jeder will eingezogen werden.
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Alt 10.03.2023, 13:23   #1807
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Beiträge: 32.003
Gestern gab es angeblich einen Hackerangriff auf Fernseh- und Radiosender in Moskau.

https://twitter.com/holodmedia/statu...17628111253504

Luft- und Katastrophenalarm wurde auf den Sendern verbreitet. Im Twitter-Link zu sehen.
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Alt 13.03.2023, 19:14   #1808
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Beiträge: 32.003
Daumen drücken, dass alles für die Ukraine in die richtige Richtung geht.

https://twitter.com/wartranslated/st...33730393792538
Zitat:
Es handelt sich hier um einen langen Beitrag des RSOTM-Telegramkanal-Administrators (anonyme hochrangige Persönlichkeit bei der Söldner-Gruppe Wagner), der im Wesentlichen sagt, dass sich die Ukraine auf einen Angriff vorbereitet, aber wahrscheinlich entlang der gesamten Frontlinie, und der Beweise für gesichtete Bewegungen von Ausrüstung und Truppen anführt. Die interessantesten Teile sind rot hervorgehoben. Seiner Meinung nach deutet alles darauf hin, dass sich die Kräfte der ukrainischen Armee nicht nur im Süden, sondern auch im Norden, in der Region Charkiw, sammeln. Das bedeutet, dass es eine wirklich groß angelegte Form annehmen kann.
https://twitter.com/wartranslated/st...21219816488961
Zitat:
Girkin: In den letzten Tagen gab es kaum russische Fortschritte in Bachmut. Das spielt den Ukrainern in die Hände, die die Wagner-Gruppe weiter zermürben wollen. Auch wenn einige Siedlungen in der Nähe von Awdijiwka angeblich erobert wurden, könnten sie ebenso gut schnell wieder unter ukrainische Kontrolle gebracht werden.
https://twitter.com/wartranslated/st...59505008349186
Zitat:
"Wir haben keine Munition!" Juri Mezinow, ein Funktionär der Partei "Gerechtes Russland" aus der Region Rostow, behauptet, der Munitionsmangel in der russischen Armee sei an der gesamten Frontlinie zu spüren. Er glaubt, dass es sich um Sabotage handelt, da er keine andere Erklärung finden kann.
https://twitter.com/wartranslated/st...70630617804801
Zitat:
Der Telegram-Kanal "Russischer Ingenieur" verweist auf die Überlegenheit der ukrainischen schnell verlegbaren Feldbefestigungen, die jeden noch so kleinen Winkel zum Schauplatz erbitterter Kämpfe machen.
https://twitter.com/UAWeapons/status...40216931328002
Zitat:
Kürzlich wurde berichtet, dass eine Reihe von alten Mannschaftstransportern BTR-50 an die russischen Streitkräfte in der Ukraine ausgeliefert wurden. Wir haben ein Foto von einem dieser Fahrzeuge erhalten. Bei diesem Fahrzeug scheint es sich um eine BTR-50PU Führungs- und Stabsvariante zu handeln, die 1958 eingeführt wurde. Es ist jedoch unklar, für welche Rolle sie jetzt eingesetzt wird.
https://twitter.com/NOELreports/stat...08337477849088
Zitat:
Die ukrainischen Soldaten stehen kurz vor dem Abschluss ihrer Leopard-2-Ausbildung in Deutschland. Nach Angaben von Brigadegeneral Bjorn Schulz, Kommandeur einer Ausbildungsschule in Munster, sind die ausgebildeten Einheiten nun in der Lage, die modernsten westlichen Waffensysteme einzusetzen.
https://twitter.com/Tendar/status/1635245107787218944
Zitat:
In Grafenwöhr, Deutschland, läuft die letzte Phase der Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte an M2 Bradley Schützenpanzern. Sie sehen in diesem Video auch M113-Mannschaftstransporter und Humvees.
https://twitter.com/Tendar/status/1635335865538088960
Zitat:
Ukrainische Panzersoldaten schließen ihre Ausbildung an spanischen Kampfpanzern Leopard 2A4 auf dem Militärstützpunkt San Gregoria in Saragossa, Spanien, ab.

Geändert von CM Punkomaniac (13.03.2023 um 20:32 Uhr).
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Alt 13.03.2023, 22:33   #1809
S C H
Schädelbasisbruch
 
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Zitat:
Zitat von CM Punkomaniac Beitrag anzeigen
Daumen drücken, dass alles für die Ukraine in die richtige Richtung geht.

https://twitter.com/wartranslated/st...59505008349186

"Wir haben keine Munition!" Juri Mezinow, ein Funktionär der Partei "Gerechtes Russland" aus der Region Rostow, behauptet, der Munitionsmangel in der russischen Armee sei an der gesamten Frontlinie zu spüren. Er glaubt, dass es sich um Sabotage handelt, da er keine andere Erklärung finden kann.
Ja, es wird sicherlich Sabotage sein und nicht jahrzehntelange Korruption.
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Friedensnobelpreisträger 2012, Skispringen: Vierschanzentournee: Sieger, Olympia: 2. und Skiflug-WM: 3.
S C H ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 13.03.2023, 22:40   #1810
Nani
Höllen-Rentner
 
Registriert seit: 01.12.2003
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Zitat:
Zitat von S C H Beitrag anzeigen
Ja, es wird sicherlich Sabotage sein und nicht jahrzehntelange Korruption.
Ach was. In Diktaturen gibt es doch keine Korruption. - Sonst würde die Presse das doch ans Licht bringen...
Nani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.03.2023, 22:49   #1811
S C H
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Beiträge: 4.936
Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Ach was. In Diktaturen gibt es doch keine Korruption. - Sonst würde die Presse das doch ans Licht bringen...
Hätte dass der Füh.... ähh der Wladimir gewusst!

Der serbische Wirtschaftsminister ist für Sanktionen gegen Russland, da sieht wohl jemand dass Pferd auf das man gesetzt hat nicht ins Ziel kommen wird. Schön mit US Flagge im Hintergrund.

Zitat:
Unser Land zahlt bereits einen hohen Preis dafür, dass es keine Sanktionen gegen Russland verhängt, und es wird unhaltbar. Als Wirtschaftsminister kann ich nicht akzeptieren, wie viel Druck auf den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić ausgeübt wird, und wir schweigen. Deshalb bin ich für die Verhängung von Sanktionen gegen Russland, stehe Präsident Vučić bei der Verteidigung der staatlichen und nationalen Interessen zur Seite und vertraue ihm absolut. Deshalb fordere ich die serbische Regierung und alle Minister auf, eine Erklärung zu diesem Thema abzugeben.
__________________
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Geändert von S C H (13.03.2023 um 22:50 Uhr).
S C H ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 14.03.2023, 00:04   #1812
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Vier lange Texte, die ich interessant finde. Und aufschlussreich. Aber keiner ist optimistisch.

The Russia That Might Have Been
Zitat:
In den 12 Monaten seit dem Beschluss des russischen Präsidenten Wladimir Putin, in die Ukraine einzumarschieren, hat sich der Krieg für Russland zu einer immer größeren Katastrophe entwickelt. Obwohl die Ukrainer die Hauptopfer der unprovozierten Aggression des Kremls sind, hat der Krieg bereits Hunderttausende von toten oder verwundeten russischen Soldaten gefordert. Noch nie dagewesene westliche Sanktionen haben die russische Wirtschaft in Bedrängnis gebracht, und Moskaus groß angelegte Mobilisierung und das kriegsbedingte Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft haben Hunderttausende hochqualifizierter Arbeitskräfte des Landes zur Flucht ins Ausland veranlasst. Die größten langfristigen Kosten des Krieges für Russland könnten jedoch darin bestehen, dass das Versprechen auf einen friedlichen und wohlhabenden Platz Russlands in der Weltordnung des 21. Jahrhunderts auf Dauer nicht eingelöst werden kann.

Die derzeitige Entwicklung der russischen Außenpolitik war nicht vorherbestimmt, und es gab viele Möglichkeiten für den Kreml, die Dinge anders zu machen. Über weite Strecken der letzten 20 Jahre - auch nach der illegalen Annexion der Krim im Jahr 2014 - hatte Russland die historische Chance, sich einen neuen, dynamischen Platz im internationalen System zu schaffen. Als Putin im Mai 2000 als Präsident vereidigt wurde, trat Russland in eine Zeit ein, in der sich ihm mehr Möglichkeiten boten - sowohl innerhalb als auch außerhalb seiner Grenzen - als zu jedem anderen Zeitpunkt in seiner Geschichte. Im Inneren hatte Russland den Zusammenbruch der UdSSR und die turbulenten 1990er Jahre überlebt und sich von einem Imperium zu einem einflussreichen Nationalstaat entwickelt. Trotz der schrecklichen Kriege in Tschetschenien war Russland um die Jahrhundertwende weitgehend stabil und in Frieden. Seine Planwirtschaft war einer anpassungsfähigen Marktwirtschaft gewichen. Es war eine unvollkommene, aber lebendige Demokratie.

Dann, um 2003, hatte Russland Glück. Der Einmarsch der USA in den Irak und der spektakuläre Wirtschaftsboom in China führten zu einem starken Anstieg der weltweiten Rohstoffpreise. Die Kassen des Kremls wurden plötzlich mit Einnahmen aus dem Verkauf von Öl, Gas, Metallen, Düngemitteln und anderen Produkten auf dem Weltmarkt überschwemmt. Dank dieses Geldsegens konnte Russland seine Auslandsschulden schnell zurückzahlen und sein BIP während der ersten beiden Amtszeiten Putins fast verdoppeln. Trotz der zunehmenden Korruption konnten die meisten einfachen Russen feststellen, dass ihr Einkommen stieg. Verglichen mit der unruhigen zaristischen und sowjetischen Vergangenheit waren die Russen noch nie so wohlhabend und gleichzeitig so frei wie im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Mit diesen starken wirtschaftlichen und politischen Grundlagen war Russland gut positioniert, um eine globale Macht zwischen Ost und West zu werden, die von ihren Verbindungen zu Europa und Asien profitiert und sich auf die interne Entwicklung konzentriert.

Jetzt hat Putin all das verspielt. Angetrieben von seinem wachsenden Machthunger hat sich Russland in den letzten zehn Jahren in ein autoritäres Regime verwandelt, wobei die russische Gesellschaft und die Elite des Landes weitgehend unfähig und nicht willens waren, diesen Prozess zu verhindern. Dieser Wandel ist weitgehend dafür verantwortlich, dass es Moskau nicht gelungen ist, die sich bietenden Chancen zu ergreifen und die Stellung Russlands in der Welt neu zu definieren. Stattdessen verwandelte Putins stetige Machtakkumulation einen soliden außenpolitischen Entscheidungsprozess, der auf unparteiischen Analysen und ressortübergreifenden Beratungen beruhte, in einen zunehmend personalisierten Prozess. Infolgedessen erlagten Putin und sein innerer Kreis einer wachsenden Paranoia über die wahrgenommene militärische Bedrohung durch den Westen, und ihre Entscheidungen wurden nicht der notwendigen intellektuellen und institutionellen Prüfung unterzogen. Letztlich trieb dies die Nation in die strategische und moralische Katastrophe des Krieges in der Ukraine.

Als Putin 1999 an die Macht kam, war das externe geopolitische Umfeld für Russland so günstig wie fast nie zuvor in der Neuzeit. Kein Nachbar und keine Großmacht stellte eine ernsthafte Bedrohung für die russische Sicherheit dar. Der Zusammenbruch der Sowjetunion hatte keine territorialen Streitigkeiten zwischen Russland und seinen Nachbarn hervorgebracht, die zu unvermeidlichen Konflikten geführt hätten. Und bis zur Entscheidung von 2014, die Krim illegal zu annektieren, schien Moskau mit seinen Grenzen, auch mit der Ukraine, weitgehend zufrieden zu sein. Der Kalte Krieg war vorbei, und die Vereinigten Staaten behandelten Russland als eine im Niedergang begriffene Macht, die für sie und ihre Verbündeten keine Bedrohung mehr darstellte. Stattdessen versuchte Washington, Russland beim Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft zu unterstützen. Ausländische Investitionen und Technologien trugen zur Modernisierung der russischen Wirtschaft bei und begannen, die Wunden zu heilen, die durch die traumatische Übernahme eines neuen Wirtschaftsmodells durch das Land in den 1990er Jahren entstanden waren. Viele europäische Länder kauften mit Begeisterung russische Waren.

Die Beziehungen Moskaus zu Deutschland sowie zu anderen großen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich befanden sich auf einem historischen Höhepunkt. In Osteuropa gab es ein sowjetisches Erbe an wirtschaftlichen Beziehungen und persönlichen Verbindungen zwischen Moskau und Ländern wie Polen und der Tschechischen Republik sowie den neuen unabhängigen baltischen Staaten. Die aufeinanderfolgenden Erweiterungswellen der NATO und der EU in den 1990er und 2000er Jahren führten dazu, dass Russlands westliche Nachbarn wohlhabender und sicherer wurden und somit weit weniger Angst vor einem potenziellen russischen Revanchismus hatten, und ebneten den Weg für eine Dynamik des pragmatischen und für beide Seiten vorteilhaften Engagements, die über weite Strecken der 2000er Jahre anhielt. In diesen Jahren diskutierten Russland und die EU über eine Stärkung des Handels sowie der Wirtschafts- und Energiebeziehungen. Obwohl die EU Russland nicht zum Beitritt in die Union einlud, bot sie an, die Handelsbestimmungen zu harmonisieren und viele der Hindernisse zu beseitigen, die die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel einschränkten.

Was die Beziehungen zum Osten betrifft, so gelang es Russland 2005, einen jahrzehntelangen Territorialstreit mit China beizulegen, wodurch die Beziehungen zu der neuen Supermacht endlich auf eine berechenbare und produktive Grundlage gestellt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war China der größte Kohlenwasserstoffimporteur der Welt und bot Russland einen neuen, riesigen und weiter wachsenden Markt. In der Zwischenzeit waren auch Japan und Südkorea mit Blick auf ihre eigene Energiesicherheit daran interessiert, Russlands riesige Kohlenwasserstoffressourcen in Sibirien auf den Markt zu bringen. Durch den Aufbau von Beziehungen zu diesen beiden technologisch fortschrittlichen asiatischen Demokratien sowie zu China hatte Russland wiederum die Möglichkeit, das sich rasch modernisierende Potenzial des asiatisch-pazifischen Raums zu erschließen. Zum ersten Mal in seiner Geschichte war Moskau in der Lage, seine Rohstoffe sowohl nach Europa als auch nach Asien zu verkaufen, seine Handelsbeziehungen zu diversifizieren und neue Märkte zu erschließen, da es Zugang zu Geld und Technologie sowohl aus dem Westen als auch aus dem Osten hatte.

Schließlich unterhielt Russland in der Sowjetzeit Beziehungen zu vielen Entwicklungsländern im globalen Süden. Diese Verbindungen ermöglichten es Russland, seine Industrien aus der Sowjetzeit, insbesondere den Verteidigungssektor und die zivile Kernkraft, über Wasser zu halten, indem es Verträge mit Ländern wie Indien und Vietnam in Einnahmequellen umwandelte, die die heimische Produktion unterstützten.

Vor diesem einmalig günstigen Hintergrund hatte Russland die Chance, eine völlig andere Außenpolitik zu verfolgen als die, die es schließlich eingeschlagen hat. Zum ersten Mal in seiner Geschichte brauchte Moskau nicht den Großteil seiner kostbaren Ressourcen für die Verteidigung gegen äußere Bedrohungen oder für das Streben nach globaler Vorherrschaft aufzuwenden. Mit dem Ende des Kalten Krieges schien Russland ein für alle Mal aus dem Spiel um die globale Vorherrschaft heraus zu sein. Es hätte seine Außenpolitik auf ein einziges Ziel ausrichten können: die Maximierung des Wohlstands des russischen Volkes durch wirtschaftliches Wachstum bei gleichzeitiger Gewährleistung seiner Sicherheit zu vergleichsweise geringen Kosten. Angesichts seiner günstigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beziehungen hätte sich Russland zu einer Nation entwickeln können, deren Wirtschaft mit der Kanadas vergleichbar ist, die einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat, über ein großes Atomwaffenarsenal verfügt und geopolitisch neutral ist. Kurzum, Russland verfügte über die Grundlagen, die es brauchte, um eine wohlhabende, selbstbewusste, sichere und vertrauenswürdige Großmacht des 21. Jahrhunderts zu werden - ein Land, das dazu beitragen könnte, einige der drängenden Probleme der Welt zu lösen.

Ein solcher wohlwollender geopolitischer Egoismus, der auf Neutralität beruht, war pragmatischer und realistischer als die offensichtlichen Alternativen. Schließlich waren die Träume einiger russischer Reformer in den 1990er und frühen 2000er Jahren, Russland in europäische und transatlantische Bündnisse wie die EU und die NATO zu integrieren, vergeblich. Russland war zu groß, um ohne weiteres in die EU aufgenommen zu werden: Es hätte das prekäre innenpolitische Gleichgewicht der Union gestört. Russland war ein noch unwahrscheinlicherer Kandidat für die NATO, ein Militärbündnis, das von Washington dominiert wurde und sich der außenpolitischen Agenda der USA unterordnete, die sich schon damals nicht unbedingt mit der Moskaus deckte. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten brauchte Russland jedenfalls nicht die Garantien der Vereinigten Staaten, um sich sicher zu fühlen. Gleichzeitig stellte die Ausdehnung des Bündnisses bis vor die Haustür Russlands keine glaubwürdige Bedrohung für die russische Sicherheit dar, da Moskau über ein großes Atomwaffenarsenal und umfangreiche konventionelle Streitkräfte verfügte. Der Verbleib außerhalb der EU und der NATO war kein Hindernis für den Aufbau einer Marktwirtschaft, die Erreichung wirtschaftlichen Wohlstands und den Aufbau eines politischen Systems, das die Menschenrechte schützt - wenn die russischen Eliten und die Bevölkerung ein solches System gewollt hätten. In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts hatte die russische Führung alle Trümpfe in der Hand, um erfolgreich zu sein.

Hätte Russland den Weg wachsender Bindungen an Ost und West eingeschlagen, hätte es viele Chancen gehabt, seine Position in der Welt zu stärken. Anstatt die Vereinigten Staaten wegen ihrer mangelnden öffentlichen Selbstreflexion in Bezug auf den Irak-Krieg anzugreifen, hätte die russische Regierung kritische Kommentare den Experten und Experten überlassen können. Darüber hinaus wären Moskaus verschiedene Aufrufe zur Einhaltung der UN-Charta ernster genommen worden, wenn Russland selbst nicht 2008 einseitig die abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien anerkannt oder 2014 die Krim annektiert und einen Krieg in der ukrainischen Region Donbas angezettelt hätte. Stattdessen hätte Russland selbst eine Selbstprüfung vornehmen und Wege finden können, die historischen Wunden seiner Nachbarn zu heilen. Dies hätte geschehen können, indem man sich auf die Tatsache konzentriert, dass die Russen selbst einen entscheidenden Beitrag zur Beendigung des Sowjetregimes geleistet haben, indem man als Nachfolgestaat ein gewisses Maß an Verantwortung für die zaristischen und sowjetischen Untaten eingesteht, indem man die Archive öffnet und indem man die dunkleren Seiten der Geschichte erörtert, einschließlich der ukrainischen Hungersnot von 1932-33 und des Nichtangriffspakts der Sowjets mit Nazideutschland von 1939.

Darüber hinaus hätte ein Russland, das sowohl mit China als auch mit dem von den USA geführten Westen befreundet ist, flexibel und pragmatisch entscheiden können, wie es auf geoökonomische Initiativen wie das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership im Jahr 2016 oder Chinas Neue Seidenstraße in den 2010er Jahren reagieren soll. Die russische Regierung hätte auch mit chinesischen und westlichen globalen Anbietern von Spitzentechnologien wie 5G zusammenarbeiten und gleichzeitig versuchen können, die heimische Produktion zu steigern und eine größere Rolle in der internationalen Lieferkette zu spielen. Mit seinem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, seinen riesigen Wäldern, die Kohlendioxid absorbieren, und seinen natürlichen Ressourcen zur Herstellung sauberer Kraftstoffe wie Wasserstoff hätte Russland eine führende Rolle bei der globalen Reaktion auf den Klimawandel spielen können.

Warum also hat Russland diesen Weg nicht eingeschlagen? Obwohl Putins Außenpolitik in seiner ersten Amtszeit weitgehend pragmatisch war und sich weitgehend in diesen Rahmen einfügte, konzentrierte sich der Kurs des Kremls nach 2003 zunehmend auf Revanchismus und Feindseligkeit gegenüber den Vereinigten Staaten. Moskaus Wiederannäherung an Washington von 2009 bis 2011 während der Präsidentschaft von Dmitri Medwedew war ein kurzer Lichtblick, bei dem es den USA und Russland gelang, in einer Reihe von Fragen eine gemeinsame Basis zu finden - von der Rüstungskontrolle und dem iranischen Atomprogramm bis hin zu Moskaus Beitritt zur Welthandelsorganisation und dem Aufbau einer neuen Technologiepartnerschaft. Diese Annäherung endete jedoch schnell mit Putins Rückkehr ins Präsidentenamt im Jahr 2012. Putin, der sich durch die westliche Intervention in Libyen und die Unterstützung des Arabischen Frühlings verraten fühlte, konzentrierte sich zunehmend auf die angeblichen Bemühungen der USA, einen Regimewechsel in Russland herbeizuführen - eine Obsession, die durch die Wellen von Straßenprotesten in Moskau Ende 2011 nach der manipulierten Parlamentswahl noch verstärkt wurde. Seine Überreaktion auf die Maidan-Proteste im Jahr 2014 führte zu Moskaus Entscheidung, die Krim zu annektieren und einen brutalen Krieg im Donbas anzuheizen. In den Jahren nach 2014 befanden sich die Beziehungen Russlands zum Westen auf einer Abwärtsspirale, obwohl selbst damals noch die Möglichkeit bestand, dass Russland sich zurückzieht und seine Beziehungen zum Westen wieder aufbaut. Trotz erheblicher Sanktionen unterhielt Moskau immer noch bedeutende Energiebeziehungen zu Europa und spielte weiterhin eine konstruktive Rolle in der Atomdiplomatie mit dem Iran. Doch wieder einmal entschied sich Putin für einen dunkleren Weg und beschloss im Februar 2022 die Invasion in der Ukraine in vollem Umfang.

Der Hauptgrund für Russlands verpasste Chancen liegt in den Entscheidungen, die Putin und die Eliten des Landes in den letzten zwei Jahrzehnten getroffen haben, und in der direkten Verbindung dieser Entscheidungen mit der russischen Innenpolitik. Die Besorgnis über die Bemühungen der USA, die Demokratie durch "Farbrevolutionen" in Georgien und der Ukraine zu erzwingen, verstärkte Putins wachsendes Misstrauen und seine Feindseligkeit gegenüber dem Westen. Die Entscheidung, den Wohlstand Russlands auf den staatlich kontrollierten Fördersektor zu konzentrieren, anstatt eine diversifizierte, in der Rechtsstaatlichkeit verankerte Wirtschaft aufzubauen, war ebenfalls eine verhängnisvolle Entscheidung, die Russland auf seinen derzeitigen Kurs brachte. Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben Putin und sein innerer Kreis die Diskussionen, die in der Gesellschaft und unter den Eliten über einen neuen, offeneren russischen Staat geführt wurden, schrittweise unterdrückt und durch Propaganda und imperiale Nostalgie ersetzt, die nach dem Trauma des Zusammenbruchs der Sowjetunion auf fruchtbaren Boden fielen.

In seinem Bestreben, sich im 21. Jahrhundert als Großmacht zu definieren, hat Russland eine zeitgenössische Version der Auseinandersetzung zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten im Kalten Krieg übernommen: Nur durch die Kontrolle von mehr Territorium, die Konfrontation mit dem Westen und die Ablehnung westlicher Sicherheitsallianzen, so hat Moskau entschieden, kann es seine Macht in der Welt behaupten. Der Kontrast zu dem, was hätte sein können, ist kaum zu überbetonen. Anstatt in die Ukraine einzumarschieren, hätte die russische Regierung die Vision eines sicheren Landes mit einem hohen Maß an strategischer Autonomie und integrativem Wirtschaftswachstum anbieten können, das zu einem Wohlstand auf norwegischem Niveau, einer Lebenserwartung auf japanischem Niveau und einer Wissenschaft führt, die das Land unter anderem in die Lage versetzen würde, eine führende Macht bei der Bewältigung des Klimawandels und der Erforschung der nächsten Grenzen im Weltraum zu werden. Aber eine solche Vision ist nicht nur völlig neu für die russische strategische Kultur, sondern hätte auch robuste staatliche Institutionen und wirksame Kontrollmechanismen erfordert, die Putin und seinem Gefolge seit langem ein Dorn im Auge sind.

Putins Besessenheit, Russland zu einer Großmacht im Stil des 19. Jahrhunderts umzugestalten, und seine alarmistische Sicht der NATO-Erweiterung wurden zu den Bausteinen seines Strebens nach Vorherrschaft in den ehemaligen Sowjetländern, angefangen mit der Ukraine, einer der größten und einflussreichsten Sowjetrepubliken außerhalb Russlands. Abgesehen von Putins Ansicht, dass Russen, Ukrainer und Belarusen "ein Volk" sind, wie er in seinem berühmten Artikel aus dem Jahr 2021 über die historische Einheit von Russen und Ukrainern behauptete, wurde er von der unter Russlands Hardlinern weit verbreiteten Überzeugung angetrieben, dass Russland ohne die Kontrolle über die Ukraine niemals eine Großmacht sein würde. Doch Moskaus Wunsch, die politische, wirtschaftliche und kulturelle Vorherrschaft über Kyjiw auszuüben, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Die ukrainische Elite wollte immer auf Distanz zu Russland bleiben und nicht in eine von Russland geführte Ordnung integriert werden. Die ukrainischen Oligarchen wussten nur zu gut, dass ihre russischen Konkurrenten zwar in absoluten Zahlen reicher sein mochten, aber ein Anruf aus dem Kreml sie um ihr Vermögen bringen konnte - anders als in der Ukraine, wo sich die Koalitionen mächtiger Akteure ständig neu zusammensetzten, gerade um das Auftauchen von jemandem wie Putin zu verhindern. Selbst vermeintlich prorussische ukrainische Politiker nutzten die Hilfe Moskaus und die prorussische Stimmung in einigen ukrainischen Regionen einfach als Ressource für innenpolitische Machtkämpfe, wie es Präsident Viktor Janukowitsch tat, bevor er durch die Maidan-Proteste gestürzt wurde.

Westlich der Ukraine befand sich Polen, ein Land, das für die ukrainischen Bildungsschichten ein Vorbild darstellte. Polens Erfolg nach dem Beitritt zur NATO im Jahr 1999 und zur EU im Jahr 2004 war für viele ukrainische Liberale ein Vorbild. Und schließlich, und das ist das Wichtigste, waren zu Beginn des Jahres 2022 mehr als 30 Jahre seit der Unabhängigkeit der Ukraine vergangen, und der Prozess des Aufbaus einer nationalen Identität war weit fortgeschritten. Ungeachtet der Spaltungen zwischen verschiedenen Regionen und Bevölkerungsgruppen hatte sich die Ukraine bereits 2014 weitgehend als eine Nation definiert - und jeder Schritt, den der Kreml in den folgenden Jahren unternahm, um das Land zu spalten, stärkte diese Identität und machte sie noch antirussischer, was schließlich im landesweiten Widerstand nach der Invasion im Jahr 2022 gipfelte. Dieser Widerstand wurde von Putins Geheimdiensten vorhergesagt, aber von dem isolierten russischen Führer, der zur Geisel seiner eigenen Ideen geworden war und sein eigenes Land in die Katastrophe geführt hatte, nie ernst genommen.

Russlands Chance, sich in der Weltordnung neu zu definieren, hat sich mit dem Einschlag der ersten russischen Bomben und Raketen in der Ukraine erledigt. Es ist unmöglich zu sagen, wie dieser hässliche Krieg enden wird, aber eines ist klar: Diese verpassten Chancen werden nie wiederkehren. Selbst wenn die Ukraine einen umfassenden Sieg erringen kann, wie ihn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj definiert, wird dies nicht unbedingt zu einer Demokratisierung Russlands führen. Angesichts der Tatsache, dass Putin den Einsatz von Atomwaffen anordnen kann, wenn er das Überleben seines Regimes bedroht sieht, scheint die Möglichkeit eines vollständigen ukrainischen Sieges gering, solange er an der Macht bleibt, was noch eine ganze Weile dauern könnte. In der Zwischenzeit wird Russland allmählich in ein wirtschaftliches und politisches Modell abdriften, das dem iranischen ähnelt, und immer abhängiger von China werden. Die größere Schwierigkeit für Russland könnte darin bestehen, dass ein solches Ergebnis nach iranischem Vorbild ziemlich dauerhaft sein könnte, und jedes Jahr, das es andauert, wird die Chancen weiter verringern, dass Russland den Konflikt mit der Ukraine löst, den angerichteten Schaden bereut, die Beziehungen zur Außenwelt wiederherstellt und Ausgewogenheit und Pragmatismus in seine Außenpolitik bringt.
How Putin blundered into Ukraine - then doubled down
Zitat:
Am 24. Februar letzten Jahres erhielt Sergej Lawrow, der russische Außenminister, gegen 1 Uhr nachts einen beunruhigenden Telefonanruf. Nachdem Wladimir Putin monatelang eine mehr als 100.000 Mann starke Invasionstruppe an der Grenze zur Ukraine aufgebaut hatte, gab er grünes Licht für den Einmarsch. Die Entscheidung kam für Lawrow völlig überraschend. Nur wenige Tage zuvor hatte der russische Präsident seinen Sicherheitsrat in einer peinlichen Fernsehsitzung um seine Meinung zur Anerkennung zweier Separatistenstaaten im Donbas, einer ukrainischen Industrieregion, gebeten, ihn jedoch über seine wahren Absichten im Unklaren gelassen. Es war nicht ungewöhnlich für Putin, Lawrow im Dunkeln zu lassen. Er neigt dazu, seine außenpolitischen Entscheidungen auf eine Handvoll enger Vertrauter zu konzentrieren, selbst wenn dies die diplomatischen Bemühungen Russlands untergräbt. In diesem Fall machte das Telefonat Lawrow zu einer der wenigen Personen, die von dem Plan im Voraus Kenntnis hatten. Die Führungsspitze des Kremls erfuhr von der Invasion erst, als sie sah, wie Putin am Morgen im Fernsehen eine "militärische Spezialoperation" ankündigte.

Später am Tag versammelten sich mehrere Dutzend Oligarchen im Kreml zu einem Treffen, das erst am Vortag anberaumt worden war, wohl wissend, dass die Invasion westliche Sanktionen auslösen würde, die ihre Imperien zerstören könnten. "Alle waren völlig aus dem Häuschen", sagt eine Person, die an der Veranstaltung teilnahm. Während sie warteten, erspähte einer der Oligarchen Lawrow beim Verlassen einer anderen Sitzung und drängte ihn zu einer Erklärung, warum Putin die Invasion beschlossen habe. Lawrow hatte darauf keine Antwort: Die Beamten, die er im Kreml treffen wollte, hätten weniger darüber gewusst als er. Verblüfft fragte der Oligarch Lawrow, wie Putin eine so gewaltige Invasion in einem so kleinen Kreis hätte planen können - so sehr, dass die meisten hochrangigen Beamten im Kreml, im russischen Wirtschaftskabinett und in der Wirtschaftselite es nicht für möglich gehalten hätten. "Er hat drei Berater", antwortete Lawrow nach Angaben des Oligarchen. "Iwan der Schreckliche. Peter der Große. Und Katharina die Große." Nach Putins Invasionsplan sollten die russischen Truppen Kyjiw innerhalb weniger Tage in einem brillanten, vergleichsweise unblutigen Blitzkrieg einnehmen. Stattdessen hat sich der Krieg für Russland als Sumpf von historischem Ausmaß erwiesen. Nach einem Jahr hat Putins Invasion nach Angaben US-amerikanischer und europäischer Beamter weit über 200.000 Tote und Verletzte unter den russischen Streitkräften gefordert, die Bestände an Panzern, Artillerie und Marschflugkörpern des Landes aufgebraucht und das Land von den globalen Finanzmärkten und westlichen Lieferketten abgeschnitten. Auch haben die Kämpfe in der Ukraine Putin seinem vage definierten Ziel der "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" Kyjiws nicht näher gebracht. Obwohl Russland jetzt 17% des international anerkannten Territoriums der Ukraine kontrolliert, hat es die Hälfte des Landes, das es in den ersten Wochen des Krieges erobert hatte, wieder aufgegeben - einschließlich eines demütigenden Rückzugs aus Cherson, der einzigen Provinzhauptstadt unter seiner Kontrolle, nur wenige Wochen nachdem Putin versucht hatte, sie zu annektieren. Doch während der Krieg weitergeht und kein Ende in Sicht ist, hat Putin keine Anzeichen dafür gegeben, dass er von seinen Kriegsanstrengungen ablassen will. In seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag betonte Putin, dass es in diesem Krieg "um die Existenz unseres Landes" gehe, und sagte, der Westen habe ihn zum Einmarsch in die Ukraine gezwungen. "Sie sind diejenigen, die den Krieg begonnen haben. Wir wenden Gewalt an, um ihn zu beenden", sagte er. Selbst als ihm die enormen Kosten der Invasion für Russland klar werden, ist Putin entschlossener denn je, sie durchzuziehen, sagen Leute, die ihn kennen.

"Es war nie geplant, dass Hunderttausende von Menschen sterben. Es ist alles furchtbar schief gelaufen", sagt ein ehemaliger hoher russischer Beamter. Da der ursprüngliche Plan in die Brüche gegangen ist, sucht Putin nach neuen Gründen, um den Kriegseinsatz zu rechtfertigen, und beharrt darauf, dass er keine andere Wahl hatte, als die Invasion mit allen Mitteln fortzusetzen, sagen derzeitige und ehemalige Beamte. Er erzählt Leuten, die ihm nahe stehen: "Es hat sich herausgestellt, dass wir völlig unvorbereitet waren. Die Armee ist ein Wrack. Unsere Industrie ist ein einziges Chaos. Aber es ist gut, dass wir das auf diese Weise herausgefunden haben und nicht erst, als die NATO bei uns einmarschierte", fügt der ehemalige Beamte hinzu. Die Financial Times sprach mit sechs langjährigen Putin-Vertrauten sowie mit Personen, die an Russlands Kriegsanstrengungen beteiligt waren, und mit derzeitigen und ehemaligen hochrangigen Beamten im Westen und in der Ukraine, um zu erfahren, wie Putin sich in die Invasion hineinmanövriert hat - und dann lieber den Einsatz verdoppelte, als seinen Fehler zuzugeben. Sie alle sprachen unter der Bedingung der Anonymität, um sensible Angelegenheiten zu besprechen. Die Menschen, die Putin kennen, beschreiben einen Führer, der seit Beginn des Krieges noch mehr isoliert ist. "Stalin war ein Schurke, aber ein guter Manager, weil man ihn nicht anlügen konnte. Aber niemand kann Putin die Wahrheit sagen", sagt einer. "Menschen, die niemandem mehr trauen, fangen an, einer kleinen Zahl von Menschen zu vertrauen, die sie belügen."

Im vergangenen Jahr war es nicht das erste Mal, dass Putin engen Beratern Pläne für eine Invasion vorenthielt. Als Russland 2014 die Krim von der Ukraine übernahm, informierte er seinen eigenen Sicherheitsrat nicht - stattdessen spielte er mit seinem Verteidigungsminister Sergej Schoigu und drei hochrangigen Sicherheitsbeamten die ganze Nacht bis 7 Uhr morgens die Annexion der Halbinsel durch. Einem ehemaligen hochrangigen russischen Beamten und einem ehemaligen hochrangigen US-Beamten zufolge rieten die Berater Putin zunächst dringend davon ab, Truppen auf die Krim zu schicken. Putin sagte: "Dies ist ein historischer Moment. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, können Sie gehen", erinnert sich der ehemalige russische Beamte. Als der Westen aus Angst vor einer Eskalation der Spannungen bis zu einem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, und einer Gefährdung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und Russland nur mit einem Klaps auf die Hand reagierte, war Putin nach Angaben mehrerer Personen, die den Präsidenten kennen, überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. In den Jahren nach der Invasion von 2014 schrumpfte Putins innerer Kreis immer weiter, da er sich zunehmend mit dem beschäftigte, was er als wachsende westliche Bedrohung für Russlands Sicherheit ansah, so die Personen. Seine Isolation vertiefte sich noch, als 2020 die Covid-19-Pandemie ausbrach: Aus Angst, sie könnten den mysophobischen Putin anstecken, waren selbst Spitzenbeamte gezwungen, wochenlang in Quarantäne zu gehen, um eine persönliche Audienz zu erhalten. Eine der wenigen Personen, die längere Zeit mit Putin verbrachten, war sein Freund Juri Kowaltschuk, ein ehemaliger Physiker, der in den 1990er Jahren eine Datscha besaß, die an die des künftigen Präsidenten auf dem Land außerhalb von St. Petersburg angrenzte. Der geheimnisvolle Kowaltschuk - ein Bankier und Medienmogul, der nach Angaben der USA Putins persönliche Finanzen verwaltet - spricht fast nie in der Öffentlichkeit und antwortete auch nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. Leute, die ihn kennen, sagen, er teile die Leidenschaft für den russischen imperialen Revanchismus mit seinem älteren Bruder Michail, einem Physiker, dessen verschwörungstheoretische Tiraden über US-Pläne zur Entwicklung von Supersoldaten und "ethnischen Waffen" später gelegentlich in Putins Reden auftauchten.

Auf dem Höhepunkt der Pandemie war Putin weitgehend von den vergleichsweise liberalen, westlich orientierten Vertrauten abgeschnitten, die zuvor sein Gehör gefunden hatten. Stattdessen verbrachte er die ersten Monate in seiner Residenz in Waldai, einer idyllischen Stadt an einem See im Norden Russlands, im Wesentlichen unter Verschluss mit dem jüngeren Kowaltschuk, der Putin dazu inspirierte, an seine historische Mission zu denken, Russlands Größe zu behaupten, ähnlich wie Peter der Große es getan hatte. "Er glaubt wirklich alles, was er über die Opferbereitschaft und Peter den Großen sagt. Er glaubt, dass man sich an ihn erinnern wird wie an Peter", sagt ein ehemaliger hoher Beamter. Putin wurde zunehmend auf die Ukraine fixiert, als sich seine Beziehungen zu dem energischen jungen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verschlechterten. Einer von Selenskyjs ersten Schritten bestand darin, den Einfluss von Wiktor Medwedtschuk, einem engen Freund Putins und Vorsitzenden der größten Oppositionspartei im Parlament, zu beschneiden. Während der frühere Präsident Petro Poroschenko Medwedtschuk als wichtigen Vermittler zu Moskau eingesetzt hatte, suchte Selenskyjs Team nach anderen Mittelsmännern in der Annahme, dass sein Einfluss auf Putin zu schwinden begann. Doch als Putin begann, Pläne für eine mögliche Invasion auszuarbeiten, bestand Medwedtschuk darauf, dass die Ukrainer die russischen Streitkräfte mit offenen Armen empfangen würden. Ein Teil des Plans betraf Wiktor Janukowytsch, einen ehemaligen Präsidenten, der seit der Revolution gegen ihn im Jahr 2014 und seiner Flucht im russischen Exil lebt. Er sollte eine Videobotschaft übermitteln, in der er Medwedtschuk Legitimität zusprach - und ihn dazu ernannte, die Ukraine mit Russlands Unterstützung zu regieren. Diese Vision stand in krassem Widerspruch zu den politischen Realitäten in der Ukraine, wo die pro-russische Minderheit, die Medwedtschuk vertrat, zahlenmäßig weit in der Unterzahl war gegenüber denen, die ihn wegen seiner Verbindungen zu Moskau verachteten. Aber sie erwies sich als verführerisch für Putin, der Zahlungen über Medwedtschuks Partei genehmigte, um lokale Kollaborateure zu entlohnen.

In Moskau herrschte große Skepsis. "Wenn Medwedtschuk sagt, dass es regnet, muss man nur aus dem Fenster schauen - es wird sonnig sein", sagt ein anderer ehemaliger hoher russischer Beamter. "Es gibt Umfragen, es gibt Geheimdienste - wie kann man auf der Grundlage dessen, was Medwedtschuk sagt, etwas Ernsthaftes tun?" Seine Einschätzung wurde jedoch vom Föderalen Sicherheitsdienst (FSB), der Nachfolgebehörde des KGB, bestätigt, der Putin versicherte, der Sieg sei sicher - und der große Summen an Bestechungsgeldern an Beamte in der Ukraine zahlte, in der Hoffnung, dass dies den Erfolg garantieren würde. "Der FSB hatte ein ganzes System aufgebaut, um dem Chef zu sagen, was er hören wollte. Es gab riesige Budgets und Korruption auf allen Ebenen", sagt ein westlicher Geheimdienstmitarbeiter. "Man erzählt dem Chef die richtige Geschichte und schöpft ein wenig für sich selbst ab." Anderslautende Stimmen im SVR, dem russischen Auslandsgeheimdienst, und im russischen Generalstab versuchten, Zweifel zu wecken. Auf der Sitzung des Sicherheitsrates drei Tage vor der Invasion schlug sogar Nikolai Patruschew, Sekretär des Sicherheitsrates und Putins langjährigster und kämpferischster Verbündeter, vor, der Diplomatie noch eine Chance zu geben. "Er wusste, in welch schlechtem Zustand sich die Armee befand, und sagte dies auch Putin", so eine dem Kreml nahe stehende Person. Doch wie schon 2014 überging Putin die beiden und beharrte darauf, dass er besser informiert sei. "Putin war zu selbstbewusst", sagt ein ehemaliger hoher US-Beamter. "Er weiß es besser als seine Berater, so wie Hitler es besser wusste als seine Generäle." Die Invasion begann fast unmittelbar, nachdem Putin sie in Gang gesetzt hatte, zu scheitern. Waleri Gerassimow, der Chef des Generalstabs, hatte einen Plan zur Einnahme des Flugplatzes Hostomel außerhalb Kyjiws ausgearbeitet, der russischen Elite-Fallschirmjägerstaffeln eine Plattform für den Angriff auf Selenskyjs Regierungssitz bot. Einige von Medwedtschuks Mitarbeitern arbeiteten als Späher für die vorrückenden russischen Truppen, indem sie Markierungen auf Gebäude und Straßen malten, um die Angreifer zu Schlüsselstellen zu führen. Andere beteiligten sich an dem Angriff auf das Regierungsviertel. In der Südukraine trugen sie dazu bei, dass die Russen einen großen Teil des Territoriums, einschließlich Cherson, ohne nennenswerten Widerstand einnehmen konnten.

Die meisten von Medwedtschuks Netzwerk nahmen jedoch einfach das Geld und liefen davon, da sie sich weigerten, an der Invasion teilzunehmen - oder sie gingen direkt zu den ukrainischen Behörden und warnten sie vor den Anweisungen, die sie erhalten hatten, so ein hoher ukrainischer Beamter und ehemalige amerikanische und russische Beamte. Die Vorhersagen vor dem Krieg, dass die ukrainische Armee zusammenbrechen würde, basierten weitgehend auf der Annahme, dass die russische Luftwaffe schnell die Kontrolle über den ukrainischen Luftraum erlangen würde. Stattdessen schoss die russische Armee in den ersten Tagen der Invasion inmitten der weit verbreiteten Verwirrung unter den Angreifern eine Reihe ihrer eigenen Flugzeuge ab. Nach Angaben zweier westlicher Beamter und eines ukrainischen Offiziellen fehlte es an Piloten, die Erfahrung mit Kampfeinsätzen unter Beteiligung von Bodentruppen hatten und auch bereit waren, zu fliegen. "Es waren vielleicht keine zweistelligen Zahlen, aber es waren mehr als ein oder zwei" russische Flugzeuge, die durch eigenes Feuer abgeschossen wurden, so der ehemalige hochrangige US-Beamte. "Es gab eine Menge Eigenbeschuss." Er fügt hinzu: "Sie hatten vielleicht keine Piloten mit Kampferfahrung, die bereit waren, über die Ukraine zu fliegen und in dieser verrückten Umgebung ihren Hals zu riskieren." Vadym Skibitsky, stellvertretender Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, fügt hinzu: "Es ist passiert. Von Artillerieeinheiten, von Panzern, und wir sahen es sogar aus unseren abgehörten Gesprächen. Sie haben ihre eigenen Hubschrauber und ihre eigenen Flugzeuge abgeschossen." Vor Ort forderten die russischen Vorstöße hohe Verluste und trugen dazu bei, dass außer Cherson keine größeren Städte erobert werden konnten. Ende März waren die Invasionstruppen in einem so schlechten Zustand, dass sie sich aus dem größten Teil der Zentral- und Nordostukraine zurückzogen, was sie als "Geste des guten Willens" darstellten. Der brillante Plan hatte sich als Fehlschlag erwiesen. "Russland hat es vermasselt", sagt Skibitsky. "Ursprünglich wollte Gerassimow nicht von allen Seiten eindringen, wie er es getan hat. Aber der FSB und alle anderen haben ihn davon überzeugt, dass alle nur darauf warten, dass er auftaucht, und dass es keinen Widerstand geben wird."

Als die Folgen seiner Invasion deutlich wurden, suchte Putin nach einem Sündenbock, den er für die geheimdienstlichen Fehler verantwortlich machen konnte, die der Invasion zugrunde lagen. Diese Person war Sergej Beseda, der Leiter der fünften FSB-Direktion, die für Auslandsoperationen zuständig ist und nach Angaben zweier westlicher Beamter durch die Bezahlung ukrainischer Kollaborateure den Grundstein für die Invasion gelegt hatte. Zunächst wurde Beseda unter Hausarrest gestellt, so die Beamten. Seine Zeit im Hausarrest dauerte jedoch nicht lange. Wochen später trafen US-Beamte zu einem Treffen über bilaterale Fragen mit ihren russischen Kollegen ein und fragten sich, nachdem die Nachricht von Besedas Festnahme an die russischen Medien durchgesickert war, ob er auftauchen würde und wie die Russen seinen Verbleib erklären könnten. Stattdessen kam Beseda herein und sagte, Mark Twain paraphrasierend: "Wissen Sie, die Gerüchte über mein Ableben sind stark übertrieben", so der ehemalige US-Beamte. Besedas schnelles Comeback zeigte, was Berater als einige von Putins größten Schwächen ansehen. Der russische Präsident schätzt Loyalität höher ein als Kompetenz; er ist bis zu einem gewissen Grad von Geheimhaltung besessen und steht einer bürokratischen Kultur vor, in der ihm seine Untergebenen sagen, was er hören will, so Leute, die ihn kennen. Der ständige Trommelwirbel der Propaganda rund um den Krieg und Putins Loyalitätsforderungen an die Elite haben den Anreiz für seine Berater nur noch verstärkt, ihm das zu sagen, was er hören will, sagen die Leute. "Er ist bei klarem Verstand. Er ist vernünftig. Er ist nicht verrückt. Aber niemand kann ein Experte für alles sein. Sie müssen ihm gegenüber ehrlich sein, aber das sind sie nicht", sagt ein anderer langjähriger Putin-Vertrauter. "Das Managementsystem ist ein großes Problem. Es führt zu großen Wissenslücken und die Qualität der Informationen, die er erhält, ist schlecht." Für viele in der Elite ist der Strom der Lügen eine Überlebenstaktik: Die meisten Mitglieder von Putins Präsidialverwaltung und Wirtschaftskabinett haben Freunden gesagt, dass sie gegen den Krieg sind, aber das Gefühl haben, dass sie nichts dagegen tun können. "Es ist wirklich ein einzigartiger Krieg in der Weltgeschichte, wenn die gesamte Elite dagegen ist", sagt ein ehemaliger hoher Beamter. Einige wenige, darunter der ehemalige Sonderbeauftragte für das Klima, Anatoli Tschubais, sind in aller Stille zurückgetreten. Ein ehemaliger hoher Beamter, der jetzt ein großes staatliches Unternehmen leitet, ging so weit, dass er noch während seiner Amtszeit einen israelischen Pass beantragte und Pläne schmiedete, das Land zu verlassen, wie zwei ihm nahestehende Personen berichten. Während der Krieg weiter vor sich hin dümpelt, wird Putin das Ausmaß der russischen Fehleinschätzung allmählich bewusst, was ihn dazu veranlasst, mehr Informationen von Leuten auf niedrigeren Ebenen einzuholen, sagen Leute, die ihn kennen. Eine Gruppe ultranationalistischer Blogger, die dem militärischen Establishment kritisch gegenüberstehen, haben seit letztem Sommer mindestens zwei Treffen mit Putin unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten; einige von ihnen waren Ehrengäste bei einer Zeremonie zur Annexion der vier ukrainischen Provinzen im September.

Gelegentlich hat Putin Informationen aus seinen informellen Kanälen genutzt, um hochrangigen Beamten in der Öffentlichkeit ein Bein zu stellen. Letzten Monat teilte Denis Manturow, ein stellvertretender Ministerpräsident, Putin mit, dass die Regierung Verträge mit russischen Luftfahrtunternehmen für die Produktion neuer Flugzeuge unterzeichnet habe, einem der Industriezweige, der am stärksten von den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Komponenten im Rahmen der Sanktionen betroffen ist. Putin antwortete darauf: "Ich weiß, dass die Fabriken keine Verträge haben, das haben mir die Direktoren gesagt. Warum machen Sie sich über mich lustig? Wann werden die Verträge fertig sein? Ich sage Ihnen, was ich meine: Die Fabrikdirektoren sagen, dass sie keine Verträge haben. Und Sie sagen mir, dass alles nur auf dem Papier steht." Putins neu entdeckte Skepsis wird jedoch dadurch begrenzt, dass er nicht bereit ist, zuzugeben, dass die Invasion von Anfang an ein Fehler war, sagen die Leute. Einige der liberalen Beamten, die den Krieg ablehnen, haben versucht, ihn davon zu überzeugen, ihn zu beenden, indem sie auf den wirtschaftlichen Schaden hinwiesen, den die Sanktionen für die russische Wirtschaft bedeuten würden. Aber Putin sagt ihnen, er habe die Rabatte bereits einkalkuliert", so ein anderer ehemaliger hoher russischer Beamter. "Er sagt: 'Wir zahlen einen hohen Preis, ich verstehe das. Wir haben unterschätzt, wie schwierig es sein könnte.' Aber wie kann man einen Verrückten überzeugen? Sein Gehirn wird zusammenbrechen, wenn er merkt, dass es ein Fehler war", so die Person weiter. "Er traut niemandem." Auf die Diskrepanz zwischen den Erklärungen des Verteidigungsministeriums und den Beschwerden von Kämpfern an der Front über die schlechte Ausrüstung im Dezember angesprochen, paraphrasierte Putin eine Figur aus seiner Lieblingsserie, dem sowjetischen Spionagedrama Siebzehn Augenblicke des Frühlings: "Man kann niemandem trauen. Nur mir." Dann gluckste er.

In seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag zeigte Putin seine Entschlossenheit, "die vor uns liegenden Aufgaben Schritt für Schritt zu lösen", und betonte, dass der Krieg bis zu einem siegreichen Ende weitergehen werde. Die Äußerungen unterstrichen, wie existenziell der Kampf für Putin geworden ist, da er die Bedrohung durch einen feindseligen Westen als zu groß empfindet. Putin nahm sich vergleichsweise wenig Zeit, um über die Ukraine selbst zu sprechen, und richtete seinen Zorn stattdessen auf die USA, die er beschuldigte, Russland "zerstören" und "Landesverräter" einsetzen zu wollen, um es zu zerschlagen. Die Rede markierte seine erste Rückkehr zur Nuklearrhetorik seit letztem Herbst, als er verschleierte Warnungen aussprach, "alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen", um Russlands Eroberungen zu verteidigen, und andeutete, Russland könne einen nuklearen Erstschlag durchführen. Diese Drohungen beunruhigten die westlichen Länder so sehr, dass die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich, die drei Atommächte der NATO, eine gemeinsame Botschaft an Russland richteten, in der sie gelobten, mit konventionellen Waffen zurückzuschlagen, falls Putin beschließen sollte, in der Ukraine Atomwaffen einzusetzen, so die ehemaligen amerikanischen und russischen Beamten. Zwei Kreml-nahen Personen zufolge hat Putin die Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes in der Ukraine bereits durchgespielt und ist zu dem Schluss gekommen, dass selbst ein begrenzter Schlag Russland nichts nützen würde. "Er hat keinen Grund, den Knopf zu drücken. Welchen Sinn hat es, die Ukraine zu bombardieren? Man zündet eine taktische Atombombe in Saporischschja", sagt ein ehemaliger russischer Beamter und bezieht sich dabei auf die von der Ukraine gehaltene Hauptstadt einer Provinz, die Putin für Russland beansprucht. "Alles ist total verstrahlt, man kann dort nicht hinein, und es gehört angeblich sowieso zu Russland, was sollte das also?" Stattdessen kündigte Putin an, Russland werde seine Teilnahme an New Start, dem letzten verbliebenen Rüstungsabkommen mit den USA, das die Atomwaffenarsenale der beiden Länder regelt, aussetzen. Die Aussetzung war der konkreteste Schritt, den Putin seit Beginn des Krieges auf der Eskalationsleiter unternommen hat: Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der NATO, sagte, dass "die gesamte Rüstungskontrollarchitektur demontiert worden ist". Diesmal drohte Putin jedoch nicht mit dem Einsatz von Atomwaffen - was von Analysten als Zeichen dafür gewertet wurde, dass er begonnen hat, die Grenzen Russlands zu erkennen. "Der Krieg dauert nun schon ein Jahr an. Putin sagt seit langem, dass er gegen den Westen und nicht gegen die Ukraine kämpft. Man kann nicht immer nur darüber reden, man muss auch etwas Konkretes zeigen", sagt Abbas Galljamow, ein ehemaliger Redenschreiber Putins. "Andernfalls sieht es in seinem Paradigma so aus, als würde der Westen den Boden mit Russland aufwischen, und [er] kann nichts darauf erwidern." Putin geht davon aus, dass Russland sich mehr für den Krieg einsetzt als der Westen für die Ukraine und stark genug ist, um den wirtschaftlichen Schmerz zu überstehen. Führende Republikaner haben offen in Frage gestellt, wie lange die USA die Ukraine noch im gleichen Umfang unterstützen können, und die Partei hat weiterhin eine realistische Chance, 2024 das Weiße Haus zu erobern. Bei der Aufstockung der militärischen Unterstützung für die Ukraine sind westliche Beamte darauf bedacht, dass alles, was nicht zu einer vernichtenden Niederlage Russlands führt, das Risiko birgt, das Problem nicht in den Griff zu bekommen. "Wir müssen uns fragen: Wie wollen wir, dass das Ganze endet? Wollen wir in einer Situation enden, in der Putin davonkommt und mehr Zeit hat", sagt ein EU-Außenminister. "So etwas wie die Flaute zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg."

Putin hingegen setzt darauf, dass er diese strategischen Turbulenzen durchschauen kann, sagen Leute, die ihn kennen. Anstatt darauf zu bestehen, dass die meisten Russen vom Krieg nicht betroffen sind, wie es der Kreml in den ersten Monaten tat, als das Leben weitgehend normal weiterging, hat Putin eine Mobilisierungsrhetorik entwickelt, die die gesamte Gesellschaft auffordert, sich hinter der Invasion zu vereinen. Die Szenen auf einer patriotischen Kundgebung am Mittwoch machten deutlich, wie weit Putin in nur wenigen Jahren auf diesem Weg gekommen ist. Im Moskauer Luschniki-Stadion, wo vor fünf Jahren das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft stattfand, rappte ein Soldat zusammen mit dem russischen Militärchor über "die schwere Stunde, die wir nicht vorausgesehen haben", und die Eltern von Menschen, die im Kampf für Russland gefallen sind, hielten Reden vor einer riesigen fahnenschwenkenden Menge. Die Gastgeber der Kundgebung begrüßten eine Gruppe von Kindern, die von der russischen Armee in Mariupol "gerettet" wurden, einer Stadt im Südosten der Ukraine, die sie im vergangenen Frühjahr dem Erdboden gleichgemacht hatte. Dann erschien Putin, schüttelte einer ausgewählten Gruppe von Soldaten die Hand und forderte die Russen auf, sich von ihnen inspirieren zu lassen. "Das Mutterland ist unsere Familie", sagte Putin. "Die Menschen, die hier stehen, haben sich entschlossen, das Wertvollste und Teuerste zu verteidigen, was sie haben - unsere Familie. Sie kämpfen heldenhaft, mutig und tapfer". Unabhängige russische Medien berichteten, dass Zehntausende von Staatsbediensteten und Studenten mit kleinen Summen bezahlt oder zur Teilnahme gezwungen wurden. Die Tatsache, dass der Kreml offensichtlich nicht glaubte, ein Stadion zur Unterstützung Putins füllen zu können, ohne die Menschen zum Besuch zu zwingen, lässt darauf schließen, dass die Verantwortlichen wissen, wie schwierig es sein wird, die Gesellschaft für den Krieg zu mobilisieren. "Selbst in seinem eigenen Kopf ist ihm klar, dass es nicht so schnell gehen wird. Es wird ein kostspieliger, langwieriger Prozess sein", sagt ein ehemalige US-Beamte. "Er denkt, dass er die Zeit hat - er ist 70 - und die Ressourcen, das Geld für Öl und Gas, um es zu erreichen. Und das ist es, wofür man sich an ihn erinnern wird: die russischen Länder zu sammeln, wie es Peter der Große getan hat." Aber die Alternative, sagt ein ehemaliger hoher Kremlbeamter, könnte für Putin zu schwierig sein, um sie in Betracht zu ziehen. "Es ist beängstigend, sich vorzustellen, was passiert, wenn dies mit einer katastrophalen Niederlage für Russland endet", sagt der ehemalige Beamte. "Das bedeutet, dass katastrophale Fehler gemacht wurden und der Mann, der dahinter steckt, aus dem Leben scheiden muss, sei es durch eine Kugel, Zyanid oder etwas anderes. Und wenn es in dieser Welt keine Gerechtigkeit gibt, dann bekommt sie auch niemand", fügt er hinzu. "Es ist, wie wenn zwei Schachspieler gegeneinander spielen. Einer von ihnen verliert und schlägt dem anderen das Schachbrett auf den Kopf. Bedeutet das, dass er gewonnen hat? Nein, das ist nur ein Akt der Verzweiflung".
War as the new normal - Unable to achieve victory in Ukraine, Putin must perpetuate and routinize the war to stay in power
Zitat:
Es ist für Wladimir Putin zur Gewohnheit geworden, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Einer seiner oft wiederholten Sätze, "wir haben diesen Krieg nicht begonnen, aber es ist unsere Aufgabe, ihn zu beenden", hätte vielleicht weniger deplatziert geklungen, wenn er von Wolodymyr Selenskyj gesprochen worden wäre. Tatsächlich stammt er aus Selenskyjs Antrittsrede 2019, in der der neu gewählte ukrainische Präsident genau dies sagte und sich dabei auf den von Russland besetzten Donbas bezog. Putin hat Selenskyjs Spruch übernommen, ohne auch nur die Quelle zu nennen. Wenn der Satz von Putin kommt, klingt er jedoch hohl und falsch, nicht nur, weil er tatsächlich "diesen Krieg begonnen" hat, sondern auch, weil er völlig unfähig ist, ihn zu beenden.

Diese Unfähigkeit ist in dem von Putin selbst geschaffenen politischen System begründet, zu dem auch das unorganisierte, schwerfällige und unkontrollierbar gewalttätige Militär gehört, das auch vor Verbrechen gegen Zivilisten nicht Halt macht. Kein Staatschef kann einen Krieg führen, der von solchen Gräueltaten geprägt ist, wie sie die Welt schockierten, als sich die russische Armee aus der Region Kyjiw zurückzog, ohne seine Chancen zu verspielen, die Bedingungen für einen Frieden zu schaffen. Putin kann sich als Führer nicht aus diesem Krieg zurückziehen, ohne sich schwersten Anschuldigungen und möglicherweise sogar Morddrohungen auszusetzen. Daher besteht sein einziger Ausweg aus dem Krieg darin, den Gegner zu vernichten, wenn er das kann. Da dies aber ein großes "wenn" ist, ist seine beste Option, den Krieg fortzusetzen, da jeder bedingte Frieden wahrscheinlich Putins Entmachtung bedeuten würde, gefolgt von schwerwiegenden Konsequenzen.

Der britische Historiker E. H. Carr (1892-1982) vertrat die Ansicht, dass die Außenpolitik vom Gespenst des Krieges heimgesucht wird, so wie die Innenpolitik vom Gespenst der Revolution heimgesucht wird. Hein Goemans, Politikwissenschaftler an der University of Rochester, entwickelte Carrs Gedanken weiter: In seinem Buch Leaders and International Conflict (2011), das er gemeinsam mit Giacomo Chiozza verfasst hat, argumentiert Goemans, dass internationale Konflikte genau dann entstehen, wenn die Staats- und Regierungschefs Angst vor einer Machtübergabe haben und versuchen, innenpolitischen Revolutionen zuvorzukommen, indem sie die politischen Spannungen nach außen tragen.

Diese menschliche Angst vor dem Machtverlust ist verständlich, aber sie äußert sich in den verschiedenen Regimen unterschiedlich. Ein Staatschef, der mit einer friedlichen und geordneten Nachfolge bei der nächsten Wahl oder bei Erreichen der Amtszeitbegrenzung rechnen kann, wird anders handeln als ein Staatschef, der in Angst vor einem gewaltsamen Staatsstreich lebt. Die Unterschiede werden sich vor allem darin zeigen, wie diese Staatsoberhäupter mit dem Dilemma umgehen, entweder einen Krieg fortzusetzen oder einen Frieden zu schließen. In seinem Buch War and Punishment (2000) hat Hein Goemans umfassende Daten zu den bewaffneten Konflikten der letzten zwei Jahrhunderte zusammengetragen und analysiert und dabei drei Haupttypen von Führungsverhalten in Bezug auf das Krieg-Frieden-Dilemma herausgearbeitet. Goemans unterscheidet drei Arten von Führern: demokratische Führer, Diktatoren und gemäßigt repressive Autokraten. (Zum Zeitpunkt der Abfassung seines Buches ordnete er Putin der letzteren Kategorie zu).

Ein Diktator, dem durch einen Staatsstreich oder einen Aufstand die Absetzung droht, ist oft überzeugt, dass ein Krieg seine Position verbessern könnte. Die Möglichkeit, den Zeitpunkt und den Ort sowie den Charakter eines Konflikts selbst zu bestimmen, gibt ihm ein Gefühl der Kontrolle und die Hoffnung, seine Macht zu festigen und gefährliche interne Konkurrenten auszuschalten. Es muss auch gesagt werden, dass ihre Befürchtungen über interne Risiken begründet sind. Während nur sieben Prozent der demokratisch gewählten Staatsoberhäupter innerhalb eines Jahres nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt mit negativen Konsequenzen für ihr Handeln konfrontiert sind, liegt dieses Risiko bei autoritären Staatsoberhäuptern bei 41 Prozent, schreiben Goemans und sein Mitautor Alexandre Debs in ihrem 2010 veröffentlichten Papier "Regime Type, the Fate of Leaders, and War".

Ein demokratisch gewählter Staatschef hat selbst nach einer militärischen Niederlage gute Chancen auf einen zufriedenen Ruhestand, in dem er seine Memoiren schreibt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Staats- oder Regierungschef nach einer erfolglosen Militärkampagne wiedergewählt wird. (Man denke nur an den jüngsten Fall des armenischen Premierministers Nikol Paschinjan, der nach dem Krieg in Berg-Karabach 2020 wiedergewählt wurde). Umgekehrt ist ein siegreicher Krieg keine Garantie für einen Sieg bei einer demokratischen Wahl. Die Wahlniederlage von Winston Churchill unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ist vielleicht ein Paradebeispiel für diese Umkehrung. Die politische Niederlage des türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit nach dem erfolgreichen Einmarsch der Türkei in Zypern in den 1970er Jahren ist ein weiteres Beispiel für dieses Muster.

US-Präsident George H. W. Bush ist in dieser Hinsicht ein besonders interessanter Fall. Seine Präsidentschaft war geprägt von Amerikas illegitimer, von der UNO verurteilter, aber dennoch erfolgreicher Invasion Panamas in den Jahren 1989-1990. Ein Jahr später wurde Bush senjor zum Anführer einer internationalen, von der UNO unterstützten Koalition im Golfkrieg, einem für die USA siegreichen Krieg (in dem sogar die zerfallende Sowjetunion auf ihrer Seite kämpfte). Später erlebte er den Fall der Berliner Mauer und den Zusammenbruch der Sowjetunion selbst. Aus amerikanischer Sicht war dies ein weiterer Triumph.

In Russland mit seinem Siegeskult (ein Kult, der von Putin selbst aktiv gefördert wird) wäre ein Führer, der nicht nur einmal, sondern dreimal triumphiert hätte, sicherlich in den Rang einer großen historischen Figur aufgestiegen. Stattdessen weigerten sich die Wähler, die von seiner Wirtschaftspolitik unbeeindruckt waren, ihn für eine weitere Amtszeit wiederzuwählen, und wählten stattdessen einen obskuren Gouverneur aus Arkansas, der versprochen hatte, die Wirtschaft zu verbessern.

Die Quintessenz ist, dass demokratische Führer durchaus in der Lage sind, sich in militärische Heldentaten zu verwickeln. Darin unterscheiden sie sich nicht von Diktatoren und autoritären Staatsoberhäuptern. Aber ein autoritäres Regime wird einen Krieg im Ausland viel eher dazu nutzen, Repressionen im eigenen Land zu entfesseln. Vor allem aber ist es für Autokraten und Diktatoren viel wahrscheinlicher, dass sie in ihrem Kampf um Leben und Tod einen Krieg führen, um an der Macht zu bleiben.

Ein Regime, das sich weigert, seine eigenen Fehler (oder schlimmer noch, seine Verbrechen) einzugestehen, und darauf besteht, dass alles nach Plan läuft, wird vorhersehbar an einen Punkt kommen, an dem es seine Verbrechen und Fehler als unvermeidlich darstellen muss: Es war Schicksal. Es hat die Nation getroffen, und jetzt muss jeder damit fertig werden. Schwierige Zeiten kommen vor.

Putins jüngste Reden, einschließlich seiner Rede vor der Föderalversammlung im letzten Monat, stellen den Krieg durchweg als eine neue Art von Normalität dar. Es ist natürlich nichts Neues, dass er sich scheut, die Dinge beim Namen zu nennen. Es gibt kein Kriegsrecht, nur abgestufte Annäherungen; keine Mobilisierung außer "teilweise"; und es gibt auch kein Eingeständnis des Ausnahmezustands, in den das Land so offensichtlich getaucht ist. Im Gegensatz zu Selenskyj äußert sich Putin nicht zu den Zielen des Krieges. Er entwirft auch keine Vision eines künftigen Sieges. Der Krieg wird als "schwierige Situation" dargestellt, die sich auf irgendeine Art und Weise gebildet hat, vielleicht aus eigenem Antrieb, aber eher als Ergebnis einer gegnerischen Intrige. Diese "schwierige Situation" hat weder einen eindeutigen Anfang noch ein vorhersehbares Ende.

Doch die unendlichen "Schwierigkeiten" haben auch ihre guten Seiten. In dem Bild, das Putin der russischen Öffentlichkeit vermittelt, wird der Krieg zu einem Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft. Für die Öffentlichkeit selbst hat er keinerlei Kosten. Niemand muss dafür bezahlen, und die Verluste werden sorgfältig verborgen gehalten. Putin will den Russen weismachen, dass die Gesellschaft von der Invasion nur profitiert, weil dadurch neue Arbeitsplätze, Erwerbsarbeit, soziale Mobilität und letztlich Stabilität geschaffen werden. Krieg bedeutet reguläre Urlaubszeit: Man geht zur "Arbeit" in die Kampfzone, macht eine Pause und kehrt zurück, alles in geordneter, respektvoller Weise. Wenn jemand stirbt oder als Invalide zurückkommt, hat der Staat eine besondere Versorgung auf Lager. Es wird alles bezahlt, und die neuen Rekruten, die die bereits Gefallenen ersetzen, sollten von Anfang an gut finanziert sein.

Krieg ist auch profitabel. Der Kreml ermutigt die Russen, die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu nutzen, die durch die Sanktionen und die massive Abwanderung des Auslands vom russischen Markt geschaffen wurden. Die Wirtschaft muss im Gegenzug die Militarisierung des Staates subventionieren. Was Putin nicht sagt, ist, dass mit der Zeit sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen ihre Zahlungen erhöhen müssen, um die militärischen Ambitionen des Staates zu unterstützen. Wenn es eine Sache gibt, die der russische Präsident in den Jahren sinkender Realeinkommen gelernt hat, dann ist es, dass es kaum jemandem auffallen wird, wenn die gesamte Bevölkerung auf einmal ärmer wird. (Diejenigen, die nicht ärmer werden - die sehr reichen Russen - kommen kaum mit den normalen Menschen in Kontakt.)

Putins wichtigste innenpolitische Verbündete sind in der Tat nicht die Mitglieder des Militärs oder des Sicherheitsapparats. Seine wichtigsten Kollaborateure sind die zivilen Technokraten, die für den sozialen und wirtschaftlichen Bereich zuständig sind.

Die Aussicht auf ein unrühmliches Ende bringt autokratische Herrscher dazu, Kriege um jeden Preis fortzusetzen, selbst wenn sie erkennen, dass ihre ursprünglichen Angriffspläne gescheitert sind. So erging es Kaiser Wilhelm II. 1914, als vier Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs der deutsche Schlieffen-Plan für eine schnelle Invasion Frankreichs scheiterte. In diesem Herbst kam das Kabinett zu dem Schluss, dass Deutschland keine Chance auf einen Sieg hatte und auch keinen erringen würde. Dennoch setzten sie den Krieg fort, und zwar vier weitere Jahre lang, mit der Begründung, dass ein Ende des Krieges auch das Ende der deutschen Monarchie bedeuten würde. Putins Regime hat sich selbst in eine ähnliche Ecke gestellt. Russlands "Schlieffen-Plan" für die Ukraine scheiterte im März 2022, aber (genau wie die deutsche Führung vor einem Jahrhundert) hielten die politischen Eliten Russlands am Krieg fest, trotz seiner Aussichtslosigkeit.

Hein Goemans betrachtet den Krieg als einen Prozess der Erkundung und des Lernens. Die Dinge, die die Länder jahrzehntelang voreinander verbergen, werden in der Schlacht deutlich sichtbar. Wie gut bewaffnet und ausgerüstet die Armeen sind, wie es um die Moral und die Kampfbereitschaft der Truppen bestellt ist, wie kompetent die Befehlshaber sind, wie reaktionsschnell die internationalen Partner und Verbündeten sind - all das kommt in einem tatsächlichen bewaffneten Konflikt zum Vorschein.

Wäre der Krieg eine rein rationale Angelegenheit, dann könnten beide Seiten nach einigen Monaten des Sammelns dieser Informationen eine Bestandsaufnahme machen, was sie übereinander gelernt haben - und möglicherweise ihre Verluste begrenzen, so wie es Investoren tun. Doch der Pragmatismus der Kriegsführung erklärt nicht in vollem Umfang die Entscheidungen der Politiker, die Kriege beginnen.

Einen Krieg zu verlieren, muss einen Diktator nicht das Leben oder seine Macht kosten. Saddam Hussein verlor den Golfkrieg und blieb über ein Jahrzehnt lang an der Macht, aber nur, weil er seine wichtigsten Gegner töten ließ. Führer, die sich ihrer Repressionsapparate und deren Zuverlässigkeit nicht sicher sind, verlängern vielleicht ihre Kriege, weil ein langwieriger militärischer Konflikt sie an der Macht hält, aber der Frieden könnte sehr wohl ihr Todesurteil sein.

Mit Hilfe der Technokraten in der russischen Regierung versucht Putin, einen neuen Staat zu errichten, der auf den permanenten Krieg ausgerichtet ist und in dem die Gesellschaft keinen anderen Anker hat als die Kriegsführung und Putin selbst als Führer. Die Desensibilisierung der Gesellschaft gegenüber Opfern ist der erste Schritt zu der Art von routinierter Kriegsführung, von der Putin träumt. Wie tief es ihm gelingt, die Gesellschaft in diesen neuen Zustand zu führen, hängt davon ab, wie lange er im Amt bleiben darf.

Wenn Putin sich so verhält, als sei er im Falle einer Niederlage zutiefst verunsichert über seine persönliche Sicherheit, so könnte dies durchaus in dem begründet sein, was er im Krieg mit der Ukraine über seinen eigenen Sicherheitsapparat gelernt hat. Russlands militärische Eliten haben sich als ineffektiv erwiesen und sich auch als unberechenbar erwiesen. Diese Erkenntnis könnte durchaus eine Lektion sein, die sich Putin zu Herzen genommen hat.
'Morality Shouldn't Get in the Way' - Russia's Genocidal State Media
Zitat:
Als Russland in die Ukraine einmarschierte, wollten die Elitepropagandisten von Wladimir Putin im Studio Champagner trinken, um den Moment gebührend zu feiern. Die Leiterin der staatlichen Propagandaagentur RT, Margarita Simonyan, drückte "ein überwältigendes Gefühl der Euphorie" aus und fügte hinzu: "Ich habe acht Jahre darauf gewartet ... jetzt ist es endlich soweit. Das ist wahres Glück."

Mit der blutigen Invasion im zweiten Jahr ist die Euphorie einem anhaltenden Gefühl der Angst gewichen, und Putins Sprachrohre machen sich regelmäßig Gedanken über die Möglichkeit von Kriegsverbrechertribunalen. Das Thema beschäftigt sie immer wieder.

In der staatlichen Fernsehsendung "Abend mit Wladimir Solowjow" sagte Simonyan im November: "Lassen Sie mich Ihnen sagen, dass, wenn wir verlieren, Den Haag - ob real oder hypothetisch - sogar den Straßenkehrer holen wird, der die Pflastersteine hinter dem Kreml fegt." Im selben Monat sagte Olga Skabejewa, die Moderatorin der staatlichen Fernsehsendung "60 Minuten", ebenfalls voraus, dass, wenn Russland seinen Krieg gegen die Ukraine verliert, jeder Russe als schuldig angesehen wird. Sie argumentierte, dass ein durchschlagender Sieg der einzige Weg sei, "um Tribunale in Den Haag, Strafverfahren und Reparationszahlungen zu vermeiden".

Im Laufe der Monate haben sich diese Befürchtungen nicht zerstreut. In Solowjows Sendung am 6. März äußerte sich Witali Tretjakow, Dekan der Hochschule für Fernsehen an der Staatsuniversität Moskau, lautstark besorgt über die Äußerungen "bedeutender" westlicher Persönlichkeiten, die fordern, dass Putin und andere Russen vor ein Kriegsverbrechertribunal gestellt werden.

Die Propagandisten des Kremls haben reichlich Gründe, sich Sorgen zu machen; Straßenkehrer und andere Durchschnittsbürger eher weniger. Die Aufregung über Kriegsverbrechen gegen die Ukrainer (die als Tiere und Schlimmeres bezeichnet werden), die Beschreibungen der Ukrainer als Nazis und die Freude über die Angriffe auf ihre Häuser und das zivile Energienetz wurden schließlich nicht von den Menschen auf der Straße verbreitet. Von den niedrigsten Bauern auf Putins Schachbrett bis hin zu Propagandaköniginnen wie Simonyan und Skabejewa haben die staatlich kontrollierten Medien eine zentrale Rolle bei der Veranlassung, Ermutigung, Rationalisierung und Normalisierung des Massakers des Kremls an seinen Nachbarn gespielt.

Es mag verlockend sein, diese reißerische Sprache als Albernheit zu interpretieren, die sich an ein heimisches Publikum richtet. Aber die Ergüsse der Propagandamaschine haben oft schwerwiegende Akte staatlicher Gewalt gegen die Ukraine vorausgesagt oder gerechtfertigt, darunter den Massenmord an Zivilisten, die Massenentführung ukrainischer Bürger, Migrantenströme als Waffe und die Ausweidung des ukrainischen Gemeinwesens.

Beispiele für solches Gerede sind leicht zu finden. Sie wuchern jeden Abend im Live-Fernsehen. Vor der groß angelegten Invasion bezeichneten die russischen Staatsmedien die Unabhängigkeitsbefürworter in der Ukraine gerne als "Schweine" und zeigten entsprechende Karikaturen im staatlichen Fernsehen, in denen die Sprache, das Essen und die Traditionen der Ukraine routinemäßig verspottet wurden. Seit Februar 2022 sind die Beschreibungen in den Bereich der offenen Entmenschlichung abgerutscht. Im Juli sagte Solowjow in seiner Sendung: "Wenn ein Arzt eine Katze entwurmt - für den Arzt ist es eine spezielle Operation, für die Würmer ist es ein Krieg und für die Katze ist es eine Reinigung."

Im Oktober schlug der RT-Rundfunkdirektor Anton Krassowski vor, ukrainische Kinder zu ertränken, ukrainische Häuser - mit den Bewohnern darin - anzuzünden und behauptete, dass ukrainische Großmütter gerne dafür bezahlen würden, von russischen Soldaten vergewaltigt zu werden. Er bestand darauf, dass die Ukraine in ihrer jetzigen Form aufgelöst werden sollte, wobei der einzige übrigbleibende Teil zur Schweinezucht genutzt werden sollte. Krassowski sah sich veranlasst, klarzustellen, dass er mit "Schweinen" nicht die ukrainischen Frauen meinte.

Im Oktober erklärte Pawel Gubarew, ein russischer Politiker, der sich 2014 zum "Volksgouverneur" der Region Donezk und später zum Anführer der Volksmiliz im Donbas ernannt hatte, dass die Ukrainer "russische Menschen sind, die vom Teufel besessen sind", und dass es das Ziel Russlands sei, sie davon zu "überzeugen", dass sie keine Ukrainer seien. Er fügte hinzu: "Aber wenn ihr nicht wollt, dass wir eure Meinung ändern, dann werden wir euch töten. Wir werden so viele von euch töten, wie wir müssen. Wir werden 1 Million oder 5 Millionen töten, wir können euch alle ausrotten."

Monate zuvor, im Mai, war der Duma-Abgeordnete Alexej Schurawljow in der Sendung "60 Minuten" zu Gast und erläuterte seine Berechnungen über die Zahl der Ukrainer, die durch "Neuinstallation ihrer Gehirne" umerzogen werden sollen, im Gegensatz zu den Millionen, die sich weigern würden, ihre ukrainische Identität aufzugeben, und die deshalb getötet werden müssen: "Maximal 5% sind unheilbar. Einfach ausgedrückt, 2 Millionen Menschen. ... Diese 2 Millionen Menschen sollten die Ukraine verlassen haben oder müssen entnazifiziert werden, was bedeutet, dass sie vernichtet werden müssen."

In den staatlich kontrollierten Medien herrscht ein breiter Konsens darüber, dass diese sogenannte "Entnazifizierung" Massenmord bedeutet. Im April stimmten Schurawljow und Skabejewa in der Sendung "60 Minuten" darin überein, dass dieser Prozess "durch Erschießen oder Abreißen von Köpfen erreicht wird".

Auch für russische Offizielle stand außer Frage, dass das Ziel der Invasion die Unterdrückung und nicht die "Befreiung" der Bevölkerung war. In seinem RT-Interview im Dezember räumte Dmitri Rogosin, Russlands ehemaliger Botschafter bei der NATO und ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident für Verteidigung und Raumfahrtindustrie, ein, dass die Ukrainer die russischen Invasoren nicht willkommen hießen und dass es enormer Anstrengungen bedürfe, um ihre Einstellung zu ändern: "Selbst nach unserem Sieg werden noch viele Jahre vergehen, bevor wir in der Lage sein werden, uns die vollständige Loyalität dieser Bevölkerung zu sichern." Die Eingliederung dieses "ausgedehnten Territoriums" in Russland werde viel Personal, Zeit und Mühe erfordern, sagte er.

Das Thema einer langen Besatzung ist weit verbreitet. Der Abgeordnete der Staatsduma, General Wladimir Schamanow, ehemaliger russischer Kommandeur der Luftlandeeinheiten, schätzte, dass es der "Umerziehung" von mindestens zwei Generationen von Ukrainern bedürfe, bevor sie die russische Vorherrschaft tolerieren würden. In einer Sendung von "60 Minuten" im März kam Schamanow zu dem Schluss: "Heute lässt sich klar vorhersagen, dass wir noch 30-40 Jahre in der Ukraine bleiben müssen."

In derselben Sendung vermutete der Militärexperte Igor Korottschenko: "Es ist offensichtlich, dass der Prozess der Entnazifizierung der Ukraine mindestens 15-20 Jahre dauern wird." Er sagte voraus, dass russische Truppen auf ukrainischem Territorium verbleiben müssten, mit einer erheblichen russischen Präsenz auf absehbare Zeit.

Am 6. März betonte Tretjakow von der Hochschule für Fernsehen, dass russische Militärstützpunkte in der gesamten Ukraine eingerichtet werden sollten, "um die Mentalität dieses Gebiets zu kontrollieren". Er behauptete, die Ukrainer hätten sich "in Tiere verwandelt" und Russland müsse seine Aktionen entsprechend planen.

Es ist leicht genug, die Verbindung zu verstehen zwischen Argumenten, die die Ukrainer routinemäßig mit Tieren, Käfern oder Würmern vergleichen, und Gräueltaten wie Butscha, der Folterung und Ermordung ukrainischer Kriegsgefangener, den Versuchen, die Zivilbevölkerung durch die Zerstörung kritischer Infrastrukturen erfrieren und verhungern zu lassen und die Ukrainer - einschließlich der Kinder - zwangsweise nach Russland zu deportieren.

Russische Akademiker erklären gerne die Logik der vom Kreml gesteuerten Gewalt und geben ihr einen intellektuellen Anstrich. Es wird erklärt, dass die Angriffe, mit denen den Ukrainern Strom, fließendes Wasser und Lebensmittel vorenthalten werden sollen, Teil eines größeren Plans sind. Die Zwangsumsiedlung von Millionen von Menschen nach Russland soll also die gravierenden demografischen Defizite des Landes ausgleichen, während weitere 8 Millionen Menschen nach Westen gedrängt wurden, um Europa zu überschwemmen und seine Wirtschaft durch die Schaffung einer Flüchtlingskrise zu untergraben. Im Oktober räumte Andrej Sidorow, stellvertretender Dekan für Weltpolitik an der Moskauer Staatsuniversität, in der Solowjow-Sendung ein, dass die Zerstörung der Ukraine einen sekundären Nutzen habe: "Wir sollten den richtigen Moment abwarten und mit einem neuen Zustrom von Ukrainern eine Migrationskrise für Europa auslösen", sagte er.

Und im Januar freute sich der Moderator von "Solowjow Live", Sergej Mardan, über die Seelen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen und in Putins Russland einzureisen: "Schaut euch an, wie viel das Mutterland ausgibt, um das demografische Problem zu lösen. ... Wir haben diese Menschen [Ukrainer] umsonst bekommen, für nichts - ungefähr fünf Millionen von ihnen! Fünf Millionen Seelen!"

In der Welt des russischen Staatsfernsehens hat jeder eine Seele, aber nicht jeder hat ein Recht darauf, sein Leben auszuleben. Manche Dinge sind einfach wichtiger, wie Professorin Elena Ponomarewa vom Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen im März in Solowjows Sendung erklärte: "Lassen Sie sich niemals von der Moral davon abhalten, das Richtige zu tun. Ich verstehe die Bedeutung der humanitären Komponente... aber die Moral sollte nicht im Weg stehen."
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Alt 14.03.2023, 20:36   #1813
CM Punkomaniac
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Weiterhin keine Änderung auf russischer Seite.

https://www.tagesschau.de/newsticker...g-der-Annexion
Zitat:
Eine friedliche Lösung in der Ukraine ist nach russischer Darstellung nicht ohne eine Anerkennung der "neuen Realitäten" möglich. Der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow, bekräftigte die Position der russischen Regierung und sagte, diese sei "gut bekannt". Russland hatte wiederholt erklärt, die Ukraine müsse die Annexionen von vier Gebieten akzeptieren. Diese vier Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson im Osten und Süden der Ukraine kontrolliert Russland zwar nur zum Teil. Dennoch wurden sie Ende September einseitig als zugehörig zur Russischen Föderation erklärt. International anerkannt ist die Annexion nicht. Bereits 2014 hatte Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, was ebenfalls nicht anerkannt wird.
https://twitter.com/ABarbashin/statu...01652152778767
Zitat:
Perfekte Formulierung von Putin: "Russland kämpft für die 'russische Welt' in der Ukraine". Nicht für "Menschen im Donbas", nicht gegen die NATO, nicht gegen "Nazis". Das ist es: Es geht um den Kampf für Putins russische Welt.
Weiterhin keine Änderung auf russischer Seite, Teil II.

https://twitter.com/francis_scarr/st...92568061718529
Zitat:
Ein weiterer ganz normaler Abend im russischen Staatsfernsehen, an dem Solowjow und Simonyan zusammen mit dem Militärkommentator Jewgeni Buschinski über die Unterwasserdrohne Poseidon fantasieren, die einen nuklearen Tsunami verursacht, der Großbritannien verschlingt.
Weiterhin keine Änderung auf russischer Seite, Teil III.

https://twitter.com/olenalennon/stat...67685186297857
Zitat:
Über die "veränderte" Meinung der Russen. Umfragen vom Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum zeigen, dass der Prozentsatz der Russen, die angaben, die Aktionen des russischen Militärs in der Ukraine zu unterstützen, von 68% im Februar 2022 auf 77% im Februar 2023 gestiegen ist. Die Mobilisierung im September/Oktober scheint die öffentliche Meinung nicht zu beeinflussen.

Geändert von CM Punkomaniac (14.03.2023 um 22:57 Uhr).
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Alt 15.03.2023, 06:10   #1814
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Wenn ihr im Familienkreis, Freundeskreis, Bekanntenkreis oder auf der Arbeit Menschen habt, die nach einem Jahr russischen Angriffskrieg die richtige, rechtsstaatliche und völkerrechtliche Positionierung in Bezug zur Ukraine brauchen.

Thesencheck: Diese 8 Behauptungen über den Krieg in der Ukraine sind falsch

Ein YouTube-Video für Lesefaule, aber 46 Minuten muss man sich trotzdem konzentrieren. Ohne großen Whataboutism, es geht konkret um Ukraine, Russland und den russisch-ukrainischen Krieg, nüchtern vorgetragen.
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Alt 15.03.2023, 10:12   #1815
Guy Incognito
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Zitat:
Zitat von CM Punkomaniac Beitrag anzeigen
Wenn ihr im Familienkreis, Freundeskreis, Bekanntenkreis oder auf der Arbeit Menschen habt, die nach einem Jahr russischen Angriffskrieg die richtige, rechtsstaatliche und völkerrechtliche Positionierung in Bezug zur Ukraine brauchen.

Thesencheck: Diese 8 Behauptungen über den Krieg in der Ukraine sind falsch

Ein YouTube-Video für Lesefaule, aber 46 Minuten muss man sich trotzdem konzentrieren. Ohne großen Whataboutism, es geht konkret um Ukraine, Russland und den russisch-ukrainischen Krieg, nüchtern vorgetragen.
Danke, werd ich mir heute Abend mal ansehen. Vielleicht auch mal an meinen Vater schicken, jedes mal wenn man da ist gibt es nur dieses Thema und dann pro-russisch aber natürlich ständig im Thema springen so dass man nicht vernünftig diskutieren kann. Wird aber sicher nicht helfen, da das Video nicht "unabhängig" ist.

Apropos unabhängig:

Zitat:
Zitat von CM Punkomaniac Beitrag anzeigen

Vier lange Texte, die ich interessant finde. Und aufschlussreich. Aber keiner ist optimistisch.

The Russia That Might Have Been
den Text fand ich einerseits recht schön im Bezug darauf was hätte sein können. Vom "Ton" her, aber auch ziemlich schwierig. Ich hab zwar die Jahre in den Putin an der Macht war mitbekommen, aber natürlich hat man nicht mehr alle genauen Abläufe und Ereignisse im Kopf. Mir scheint in dem Artikel die freundliche Haltung des Westens gegenüber Russlands etwas überbewertet oder beschönigt zu sein. Warum Russland die USA für den Irakkrieg nicht hätte kritisieren sollen ist mir auch unverständlich (und Georgien 5 Jahre später ne merkwürdige Begründung).
Zum Teil ist es sicherlich auch fraglich, ob ein Staatsoberhaupt in Russland ein so friedfertigen, "westlichen" (und zum Teil auch "grünen") Kurs dauerhaft hätte durchziehen können ohne abgewählt oder anderweitig abgesetzt zu werden. In anderen Artikeln hier wurde ja auch schon erwähnt, dass die russische Mentalität den Imperialismus noch nicht so wirklich überwunden hat. Da wäre man mit dem Kurs sicherlich entweder bei den korrupten Eliten oder dem rechten Teil der Bevölkerung gescheitert.
Was jetzt natürlich nicht Putins Kurs verteidigen soll. Den ist er ja sicherlich trotzdem gegangen, weil er es so wollte und nicht, weil er zwar gern den im Text skizzierten Weg gegangen wäre, aber einfach nicht anders konnte.
Guy Incognito ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2023, 19:07   #1816
Nani
Höllen-Rentner
 
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Zitat:
Zitat von Guy Incognito Beitrag anzeigen
Danke, werd ich mir heute Abend mal ansehen. Vielleicht auch mal an meinen Vater schicken, jedes mal wenn man da ist gibt es nur dieses Thema und dann pro-russisch aber natürlich ständig im Thema springen so dass man nicht vernünftig diskutieren kann. Wird aber sicher nicht helfen, da das Video nicht "unabhängig" ist.
Mein Beileid. Ich finde, in den ganzen Krisen der letzten Zeit wird zu wenig über das Leid der Menschen geredet, die mit den psychischen Knacksen anderer umgehen und diese aushalten müssen.

Im Prinzip sind wir ja alle - sie und wir - Opfer von einer vielfach toxischen Welt, wo Vernunft sehr wenig zählt und Lügen im großen Stil nicht bestraft werden.
Nani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2023, 21:31   #1817
S C H
Schädelbasisbruch
 
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Beiträge: 4.936
Zitat:
Zitat von Guy Incognito Beitrag anzeigen
Danke, werd ich mir heute Abend mal ansehen. Vielleicht auch mal an meinen Vater schicken, jedes mal wenn man da ist gibt es nur dieses Thema und dann pro-russisch aber natürlich ständig im Thema springen so dass man nicht vernünftig diskutieren kann. Wird aber sicher nicht helfen, da das Video nicht "unabhängig" ist.
Viel Kraft, bei meiner Mutter genau das selbe.
__________________
WCW 4 Life Feel the Bang
Friedensnobelpreisträger 2012, Skispringen: Vierschanzentournee: Sieger, Olympia: 2. und Skiflug-WM: 3.
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Alt 16.03.2023, 05:36   #1818
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Beiträge: 32.003
Brutale Aufnahmen aus der Region Donezk im Donbas in der Ostukraine. Ich warne vor der letzten Aufnahme, die für manche verstörend sein kann.

https://twitter.com/UAWeapons/status...42946217373698
Zitat:
Die ukrainische 93. Brigade behauptet, ein russisches Kampfflugzeug des Typs Su-24M (wahrscheinlich von der Wagner-Gruppe betrieben) über Bachmut in der Oblast Donezk abgeschossen zu haben. Wie zu sehen ist, hat mindestens ein Mitglied der Besatzung den Schleudersitz betätigt. Der genaue Typ des Flugzeugs muss noch bestätigt werden.
https://twitter.com/Osinttechnical/s...12621051334656
Zitat:
Marjinka, Oblast Donezk: Ukrainische Truppen der 79. Luftbeweglichen Brigade stoppen einen russischen Angriff über die Straße O-0530 und zerstören den Führungspanzer, bevor sie die sich zurückziehende Infanterie mit indirektem Feuer angreifen.
https://twitter.com/UAWeapons/status...88608782925824
Zitat:
Die ukrainische 55. Artilleriebrigade zerstörte eine russische Panzerhaubitze 2S19 Msta-S und einen gepanzerten Truppentransporter MT-LB mit einem M982 Excalibur-Präzisionsartillerieschlag in Marjinka, Oblast Donezk.
https://twitter.com/Osinttechnical/s...81419920912385
Zitat:
In der Oblast Donezk trafen ukrainische Truppen der 59. motorisierten Brigade auf eine Gruppe russischer gepanzerter Fahrzeuge und zerstörten mindestens zwei Kampfpanzer.
https://twitter.com/UAWeapons/status...99163367587843
Zitat:
Die ukrainische 10. Gebirgsjägerbrigade zerstörte einen russischen Kampfpanzer der Serie T-72 mit einer Panzerabwehrlenkwaffe Stugna-P in der Nähe von Bilohoriwka in der Oblast Donezk.
https://twitter.com/Osinttechnical/s...45298280800256
Zitat:
Wuhledar, zwei ungesund aussehende russische Kampfpanzer (T-80BV, T-72B3) stehen ohne Turm, nachdem sie in präzises ukrainisches Panzerabwehrfeuer geraten sind.
https://twitter.com/UAWeapons/status...21932016427008
Zitat:
Ein russisches gepanzertes MT-LB-Fahrzeug, das 100-mm-Munition für das Panzerabwehrgeschütz MT-12 Rapira transportierte, wurde durch 40x53-mm-HEDP-Granaten des Typs M430A1 zerstört, die von einer ukrainischen Drohne in der Nähe von Staromychajliwka, Oblast Donetsk, abgeworfen wurden.
Die Aufnahme, vor der ich eben warnte. Ich sah anderswo eine Aufnahme, die noch etwas länger ist. Die russischen Soldaten sind alle gefallen.

https://twitter.com/Osinttechnical/s...88799277850625
Zitat:
Ukrainische Truppen der 5. Sturmbrigade greifen eine russische Stellung südlich von Iwaniwske, Oblast Donezk, an und setzen einen Kampfpanzer T-72B3 und einen gepanzerten Mannschaftstransporter M113 ein, um die Grabenlinie zu räumen.
Die Region Donezk wird wohl nach dem Krieg ein unglaublicher Fahrzeugfriedhof sein. Vom kaum zu erfassenden Menschenverlust ganz zu schweigen. Und die Zerstörung ist unvorstellbar. Keine Ahnung, was für Bilder noch auf uns zukommen werden, wenn irgendwann die Schlacht um die Befreifung der von Russland seit 2014 besetzten Großstadt Donezk startet. Die ganze Region Donezk ist ein gespenstisches Kriegsmahnmal.

Die Sichtweisen auf die Stadt Bachmut in der Region Donezk sind interessant. Da haben wir jetzt einerseits mehrere Militäranalysten in NATO-Staaten und andererseits mehrere Militärblogger in Russland. Die Militäranalysten in NATO-Staaten haben keinen Einblick in den Plan der ukrainischen Streitkräfte. Die russischen Militärblogger haben keinen Einblick in den Plan der russischen Streitkräfte. Beide Seiten sind sich einig, dass beide Seiten einen Fehler machen könnten, wenn sie sich zu sehr auf die Stadt Bachmut konzentrieren. Schaut euch das mal an.

https://www.nytimes.com/2023/03/14/w...r-kherson.html
Zitat:
[...]
Der oberste Militärbefehlshaber der Ukraine erklärte am Dienstagabend, dass die Verteidigung der zerstörten Stadt Bachmut unabhängig von den Kosten des Kampfes von "höchster strategischer Bedeutung" sei. Ziel sei es, so General Walerij Saluschnyj, Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Bachmut als Festung zu nutzen, von der aus die russischen Vorstöße blockiert werden könnten. Die Schlacht um Bachmut ist eine der längsten und tödlichsten, seit Russland vor einem Jahr mit der Invasion begann. Einige Militäranalysten haben den Verbleib der ukrainischen Streitkräfte in Bachmut in Frage gestellt und argumentiert, dass die Zahl der Opfer zu hoch geworden ist, um den Kampf um eine Stadt mit nur geringem strategischen Wert zu rechtfertigen.
[...]
Die russischen Bodentruppen haben in den letzten Wochen Dutzende von Angriffen unternommen, um die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, ohne dabei strategische Erfolge zu erzielen. Während Moskau weiterhin enorme Ressourcen in den Kampf um Bachmut steckt, haben russische Kriegsbefürworter in Militärblogs ihre wachsende Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass ihre Streitkräfte schließlich von der großen Zahl ukrainischer Truppen überwältigt werden könnten, die sich im Süden des Landes sammeln.
[...]


Situation der Stadt Bachmut nach siebeneinhalb Monaten Schlacht um die Stadt.
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Alt 16.03.2023, 08:49   #1819
Gelöschter User 25181
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Man sollte bei den durchaus interessanten Videos erwähnen, dass Ukrainer die ganze Zeit mindestens genauso heftig "draufgehen".

Geändert von Gelöschter User 25181 (16.03.2023 um 08:50 Uhr).
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Alt 16.03.2023, 10:58   #1820
Frank Drebin
Schädelbasisbruch
 
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Zitat:
Zitat von CM Punkomaniac Beitrag anzeigen
Die Sichtweisen auf die Stadt Bachmut in der Region Donezk sind interessant. Da haben wir jetzt einerseits mehrere Militäranalysten in NATO-Staaten und andererseits mehrere Militärblogger in Russland. Die Militäranalysten in NATO-Staaten haben keinen Einblick in den Plan der ukrainischen Streitkräfte. Die russischen Militärblogger haben keinen Einblick in den Plan der russischen Streitkräfte. Beide Seiten sind sich einig, dass beide Seiten einen Fehler machen könnten, wenn sie sich zu sehr auf die Stadt Bachmut konzentrieren. Schaut euch das mal an.

https://www.nytimes.com/2023/03/14/w...r-kherson.html
Vielleicht auch eine Art psychologischer Kriegsführung: Die ukrainische Seite baut das Symbol Bachmut so sehr auf, sodass die Einnahme selbiger Stadt, aus russischer Sicht immer mehr an Bedeutung gewinnt und man gar nicht mehr von dem Ziel abweichen kann.

Ich meine auch gelesen zu haben, dass alleine die Verlustraten von teilweise 7:1 es rechtfertigen, dass ukrainische Soldat_innen die Stadt weiterhin verteidigen und so die "Ressource Mensch" auf Seiten Russlands schwächen. Wagner gehen langsam die Söldner aus und die reguläre russische Armee wird sich da auch nicht mehr involvieren, aufgrund der Spannungen zwischen Prigoschin und Soigu.
Also ich hab gar keine Ahnung aber für mich sieht es so aus, als ob die befürchtete Frühjahrsoffensive Russlands nur ganz geringe Erfolge aufzuweisen hat und eigentlich schon beendet ist. Mit den weiterhin rein strömenden westlichen Systemen, scheint sich das Durchhalten in Bachmut auszuzahlen.
__________________

#freelina
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Alt 16.03.2023, 11:27   #1821
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Zitat:
Zitat von CM Punkomaniac Beitrag anzeigen
Keine Ahnung, ob die Angaben in etwa stimmen oder ob da ukrainische Propaganda mit reinspielt. Ich habe heute weitere Drohnenaufnahmen vom Bachmuter Umland gesehen. Die möchte ich nicht posten. Da liegen überall tote russische Söldner und Soldaten. Die sind an ihren Uniformen und anderen Kennzeichen erkennbar. Das kann ich zumindest für mich selbst feststellen. Das ist unvorstellbar. Das kenne ich aus Dokumentationen und Spielfilmen.
Zitat:
Zitat von Mitochonder Beitrag anzeigen
Das solltest du posten, finde ich. Hier dürfte keiner U18 sein.
Zitat:
Zitat von Mitochonder Beitrag anzeigen
Man sollte bei den durchaus interessanten Videos erwähnen, dass Ukrainer die ganze Zeit mindestens genauso heftig "draufgehen".
Wenn es dich beruhigt, kann ich dir versichern, dass ich auch schon Aufnahmen von zerfetzten ukrainischen Soldaten sah. Unter anderem eine Aufnahme aus der Ostukraine vom Inneren einen Gebäudes, wo mehrere verkohlte Leichen rumlagen, bei weniger verkohlten Leichen quollen Gedärme raus, bei einem Soldaten das Gehirn. Es lagen abgerissene Gliedmaßen rum. Aber auch das werde ich nicht posten. Ich mache das nicht. Genauso wie bei den toten russischen Soldaten. Bei manchen Leichen erkennt man den Namensschriftzug, bei manchen Leichen erkennt man Gesichter. Letztens Fotos von einem Friedhof in Lwiw in der Westukraine gesehen, auf dem auf einer größeren Fläche ukrainische Flaggen an Gräbern wehten - ein Zeichen für Soldatengräber ukrainischer Soldaten, wie ich mittlerweile weiß. Das bringt der ukrainische Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg mit sich.

Um dich noch einmal zu beruhigen, dass ich die Augen vor Tatsachen nicht verschließe, wie es in den zurückliegenden dreizehn Monaten manche Personen in Fernseh- und Zeitungsinterviews machen, wenn es um die Ukraine geht.

https://twitter.com/Tatarigami_UA/st...64225910734849
Zitat:
Diejenigen, die mir folgen, wissen, dass ich die von unserer Seite erlittenen Verluste nicht herunterspiele oder leugne. Außerdem werde ich kritisiert, wenn ich mich öffentlich dazu äußere. Kürzlich stieß ich auf einen Politico-Artikel, in dem behauptet wurde, dass 100.000 ukrainische Soldaten im Kampf gefallen sind. Ich habe jedoch Grund, an der Richtigkeit dieser Zahl zu zweifeln. Zwar hat die Intensität der Kämpfe zweifellos zu einem Anstieg der Verluste geführt, aber ich bin skeptisch, dass die Zahl der Gefallenen so hoch ist wie 100.000. Möglicherweise hat der Journalist die Definition des Begriffs "Verluste" missverstanden und ihn mit "Gefallene" verwechselt, was ein häufiger Fehler ist.
https://twitter.com/IAPonomarenko/st...15107897556994
Zitat:
Ja, das macht einfach keinen Sinn. Mit 100.000 militärischen Toten wären wir nicht da, wo wir jetzt sind. Insgesamt 100.000 Gefallene, Verwundete, Vermisste und Kriegsgefangene zusammengenommen - ja, das ist der objektiven Realität weitaus näher.

Geändert von CM Punkomaniac (16.03.2023 um 14:23 Uhr).
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Alt 16.03.2023, 13:40   #1822
CM Punkomaniac
Genickbruch
 
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Beiträge: 32.003
Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Ach was. In Diktaturen gibt es doch keine Korruption. - Sonst würde die Presse das doch ans Licht bringen...
Zitat:
Zitat von S C H Beitrag anzeigen
Hätte dass der Füh.... ähh der Wladimir gewusst!
Wollt ihr mal was aus den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten hören? Das wollt ihr doch sicher.

https://twitter.com/wartranslated/st...98789999091714
Zitat:
Einem bekannten russischen Militärkorrespondenten wurden von der örtlichen Polizei in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Region Cherson seine Fahrzeuge weggenommen. Roman Saponkow, ein Russe, der häufig die Frontlinie besucht und in Fernsehsendungen auftritt, erklärte, wie vor einer Woche kollaborierende Polizisten seinen Konvoi anhielten und mehrere Fahrzeuge beschlagnahmten, obwohl er über die richtigen Papiere verfügte. Roman wurde mit Haft gedroht, falls er sich entschließen sollte, bis zum Ende des Gutachtens zu warten. Eine Woche später sind die Fahrzeuge nicht mehr auffindbar. Willkommen in "Russland"!
Zitat:
Sie werden lachen, aber die Polizei von Cherson hat uns die Fahrzeuge weggenommen. Am 6. März hielten sie uns an einem Kontrollpunkt an und schickten uns nach Kalantschak zur Überprüfung. Sie sagten, sie hätten den Verdacht, dass die Fahrzeuge gesucht würden. Zu ihrer Enttäuschung zeigte eine Überprüfung der Datenbank, dass die Autos sauber waren. Sie haben sie dann einfach beschlagnahmt. Sie gaben keine Beschlagnahmungsdokumente. Den Fahrern wurde gesagt, dass sie für unbestimmte Zeit in eine Polizeizelle gesteckt würden, wenn sie auf die Dokumente warteten. Um dies zu vermeiden, wurden sie gezwungen, eine Einverständniserklärung für das Gutachten zu unterschreiben. Man gab ihnen Blankoformulare zur Unterschrift, darunter eine Art Übergabeprotokoll. Eine Woche ist vergangen, es gibt weder Unterlagen über die Konfiszierung noch einen Beschluss, auf dessen Grundlage sie konfisziert wurden. Als eine vertrauenswürdige Person zwei Tage später eintraf, gab man ihr ebenfalls keine Dokumente über die Konfiszierung und drohte ihr mit einer Verhaftung wegen einer Straftat, wenn sie nicht gehe. Die Autos fahren seit Mai herum und liefern Waren für die Jungs aus. So endete unsere eigene Lieferung. Noch einmal zum Mitschreiben: Sie haben uns die Autos einfach weggenommen, die Fahrer hatten alle Dokumente, Vollmachten und Frachtbriefe. Aber die Autos wurden einfach weggenommen, ohne jegliche Dokumente. Mit anderen Worten: Aus rechtlicher Sicht waren diese Autos nie im Besitz der Polizei, und wenn sie bereits irgendwo verschwunden sind, werden sie einfach nicht gefunden.
https://twitter.com/wartranslated/st...94422378807298
Zitat:
Die Russen enthüllen weiterhin Details aus den besetzten Gebieten und geben zu, dass sie nichts als Chaos bringen. Nach dem gestrigen Beitrag über die von Militärkorrespondenten gestohlenen Autos berichtet ein anderer Reporter, Romanow, dass Überfälle und Diebstähle in Unternehmen an der Tagesordnung sind.
Zitat:
Ein Stück Realität - das wollte ich schon lange schreiben. Die rechtliche Situation in den neuen Gebieten ist vergleichbar mit einer Grauzone. Im Grunde genommen sind es die 90er Jahre auf dem Höhepunkt. Von trivialen Hausbesetzungen bis hin zu ziemlich groß angelegten Raubzügen. Alle Arten von frischgebackenen Beamten und Funktionären gehen dort "in unruhigen Gewässern fischen". Über das Schicksal der Haushaltsgelder, die dorthin geflossen sind, gibt es nichts zu sagen. All dies ist bedingt durch die bisher zu geringe Präsenz von Behörden, Sicherheits- und Strafverfolgungsorganen. Die Frage der Qualität der Kader ist sehr akut, aber unter den gegenwärtigen Bedingungen gibt es einfach keine, aus denen man wählen könnte. Natürlich wird sich die Situation in Zukunft normalisieren, aber das wird frühestens nach dem Ende des militärischen Konflikts der Fall sein. In der Zwischenzeit ist es in etwa so. Ein "Nebel des Krieges", wenn Sie so wollen.
Zum verrücktwerden.
CM Punkomaniac ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.03.2023, 18:12   #1823
Guy Incognito
Knöchelbruch
 
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Beiträge: 551
Zitat:
Zitat von Nani Beitrag anzeigen
Mein Beileid. Ich finde, in den ganzen Krisen der letzten Zeit wird zu wenig über das Leid der Menschen geredet, die mit den psychischen Knacksen anderer umgehen und diese aushalten müssen.

Im Prinzip sind wir ja alle - sie und wir - Opfer von einer vielfach toxischen Welt, wo Vernunft sehr wenig zählt und Lügen im großen Stil nicht bestraft werden.
Danke, ja da hast du recht, da ist zwischenmenschlich in vielen Diskussionen leider einiges vergiftet, also im Allgemeinen. Ich weiß nicht, ob das früher besser war, eventuell ziehen sich die Leute allgemein mehr in ihre Blasen zurück und sind dann aggressiver, wenn sie auf Leute treffen die Ihnen nicht zu stimmen, so wie sie es dort gewohnt sind.
Hier sind die Diskussionen zum Glück meist gesitteter als in vielen anderen Ecken des Internets, aber vielleicht liegt das auch daran, dass auch hier sich die Meinung oft sehr gleichen (was nicht heißt, dass es nicht doch mal unterschiedliche Ansichten gibt)

Zitat:
Zitat von S C H Beitrag anzeigen
Viel Kraft, bei meiner Mutter genau das selbe.
Danke, dann dir auch viel Kraft
Guy Incognito ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.03.2023, 18:38   #1824
k-town1900
Schädelbasisbruch
 
Registriert seit: 24.08.2016
Beiträge: 3.934
Zitat:
Zitat von Guy Incognito Beitrag anzeigen
Danke, ja da hast du recht, da ist zwischenmenschlich in vielen Diskussionen leider einiges vergiftet, also im Allgemeinen. Ich weiß nicht, ob das früher besser war, eventuell ziehen sich die Leute allgemein mehr in ihre Blasen zurück und sind dann aggressiver, wenn sie auf Leute treffen die Ihnen nicht zu stimmen, so wie sie es dort gewohnt sind.
Hier sind die Diskussionen zum Glück meist gesitteter als in vielen anderen Ecken des Internets, aber vielleicht liegt das auch daran, dass auch hier sich die Meinung oft sehr gleichen (was nicht heißt, dass es nicht doch mal unterschiedliche Ansichten gibt)
Ich sehe keinen wirklichen Unterschied zu früher im Gegenteil früher flogen öfter die Fäuste bei Diskussionen wie heute. Der größte Unterschied ist das.man seine Meinung nur in der Familie, Bäcker, Metzger, Eckkneipe, Tante Emma Laden, usw kundtun konnte und es dann nur ein paar Leute gehört haben. Heute ballerst halt das Internet damit zu und die ganze Welt kann deine Meinung lesen.
__________________
Made in K-town W. Germany

Deutscher von Geburt
Pfälzer aus Überzeugung
Lautrer von Gottes gnaden
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Alt 17.03.2023, 15:26   #1825
Goldberg070
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Beiträge: 16.476
Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Putin erlassen
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"Wenn du deine Emotionen nicht kontrollieren kannst, musst du das Verhalten anderer Menschen kontrollieren. Deshalb dürfen die Empfindlichsten, Übersensibelsten und leicht Erregbarsten nicht den Standard für den Rest von uns setzen." - John Cleese
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